Als Disney 2012 Lucasfilm aufkaufte war klar, dass der Konzern mit der Maus diese Investition so schnell wie möglich wieder in bare Münze umsetzen wollte. Sofort wurden Pläne gemacht über die Fortführung der Star-Wars-Saga und Gerüchte machten die Runde, dass Disney die unbearbeiteten Originalfassungen der alten Trilogie doch noch auf DVD und Blu-ray veröffentlichen wolle. George Lucas konnte die alten Filme nicht so lassen, wie sie waren, da sie seiner Meinung nach aus vielen Kompromissen bestehen, die man damals aufgrund der noch nicht so fortgeschrittenen Technik für Effekte machen musste. Also polierte er sie mit unpassenden digitalen Effekten auf und das nicht nur einmal. 1997 kamen die sogenannten „Special Editions“ der alten Filme in die Kinos, für die erste DVD-Auswertung einige Jahre später wurde wieder an den Filmen herumgebastelt und für die wiederrum spätere Blu-ray-Veröffentlichung noch einmal. Dazu schloss Lucas es kategorisch aus, dass die ursprünglichen Versionen jemals wieder veröffentlicht werden würden. Von daher ist der Wunsch der Fans nach genau diesen Ur-Versionen seit Jahren groß und Disney weiß das natürlich.
Nach dem Verkauf von Lucasfilm stand ihr Gründer George Lucas bei den Vorbereitungen zum neuen Star-Wars-Film THE FORCE AWAKENS, der 2015 in die Kinos kam, noch beratend zur Seite. Aber recht schnell gab er auch diese Rolle auf, da seine Ideen bei den neuen Verantwortlichen kein Gehör fanden. Seiner Meinung nach ging es nun mehr um das Aufrechterhalten einer nostalgischen Erinnerung als um neue Geschichten und Konzepte. Und so muss das Star-Wars-Universum nun ohne seinen Schöpfer auskommen.
Bereits vor dem Start von THE FORCE AWAKENS wurden Pläne geschmiedet für Spin-off-Filme. Diese sollten Geschichten aus dem Star-Wars-Universum erzählen, aber von der Abfolge her losgelöst sein vom Haupterzählstrang. Wieder machten Gerüchte die Runde, ein Boba-Fett-Film soll angeblich in Planung sein und bestätigt ist mittlerweile ein Han-Solo-Film, der den charmanten Schmuggler in jüngeren Jahren zeigen soll. In den 1980ern versuchte sich George Lucas ebenfalls an Spin-off-Filmen. Das Ergebnis waren die beiden Ewoks-Filme (1984 und 1988), die aber weder künstlerisch noch kommerziell überzeugen konnten.
Mit ROGUE ONE: A STAR WARS STORY läuft nun der erste neue Spin-off-Film in den Kinos. Zeitlich gesehen spielt er zwischen Episode III und Episode IV. Das Ende des Filmes ist sogar der Anfang von Episode IV. In ROGUE ONE geht es um die Gruppe der Rebellen, die die Pläne des Todessterns vom Imperium erbeuten konnte und der Rebellion so die Zerstörung der Kampfstation in Episode IV ermöglicht.
Galen Erso (Mads Mikkelsen), ein ehemaliger Waffenbauer für das Imperium, lebt auf einem einsamen Planeten zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter Jyn. Eines Tages bekommt er Besuch von einer imperialen Truppe, angeführt von Orson Krennic. Dieser will Galen dazu überreden, wieder für das Imperium zu arbeiten. Dieser weigert sich aber, woraufhin seine Frau beim anschliessenden Feuergefecht stirbt und seine Tochter Jyn sich verstecken muss.
13 Jahre später taucht ein imperialer Pilot namens Bodhi Rook auf, der zur Rebellion überlaufen will und eine Nachricht von Galen Erso überbringen soll. Darin geht es um eine tödliche neue Waffe des Imperiums. Jyn (Felicity Jones), die sich als Kriminelle durchgeschlagen hat, wird vom Imperium gefangen genommen, aber von einer Gruppe von Rebellen befreit. Sie erfährt von der geheimen Nachricht ihres Vaters, den sie seit damals nicht mehr gesehen hat und erklärt sich bereit, sich der Gruppe der Rebellen anzuschliessen. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach Galen Erso und nach der tödlichen neuen Waffe des Imperiums, die sie schon bald in Aktion erleben werden.
Achtung, der folgende, kursiv geschriebene Absatz enthält Spoiler. Danach könnt ihr gefahrlos weiterlesen.
In Episode IV wird nur in einem Satz erwähnt, dass viele tapfere Männer und Frauen ihr Leben lassen mussten, um an diese Pläne zu gelangen. ROGUE ONE zeigt nun diese Männer und Frauen und wie sie an die Pläne gekommen sind. Daher ist es im Grunde von vornherein klar, dass keine der Hauptfiguren den Einsatz überleben wird. Das ist schon eine gewisse Neuerung im Star-Wars-Universum, bringt den Film aber auch in ein kleines Dilemma. Man hat eine Gruppe von neuen Figuren, die man dem Zuschauer nahe bringen muss, damit dieser am Ende emotional eingebunden ist. Dafür hat man aber nur einen Film Zeit, da diese Figuren am Ende alle umkommen. Somit ist klar, dass Charakterzeichnung und Figurentiefe etwas auf der Strecke bleiben. Auch Jyn als Dreh- und Angelpunkt der Geschichte bleibt relativ blass. Einerseits soll sie wohl eine ähnlich starke Frauenfigur wie Rey in THE FORCE AWAKENS sein, andererseits hat sie aber nicht genügend Vorgeschichte, um diese Vorgabe zu erfüllen.
Der Film kommt ziemlich düster daher. Nicht nur der Look ist weit entfernt vom bunten Treiben von Episode I bis III, auch inhaltlich geht es hier durchaus grober zur Sache. Für viele Fans war das nicht mehr STAR WARS, aber mich hat das angesprochen. Auch wenn die Figuren wenig dazu beitragen konnten, damit man als Zuschauer mit ihnen fiebert, so überzeugte mich der Film doch als spannendes Action-Abenteuer, welches in die spektakulärste Raum-Boden-Schlacht aller Star-Wars-Filme mündete. Auch die vielen Verknüpfungen zu Episode IV fand ich gelungen, wenn auch nicht jeder Cameo-Auftritt bekannter Figuren hätte sein müssen. Überrascht war ich vom auferstandenen Peter Cushing, der in Episode IV Gouverneur Tarkin spielt. Cushing, der in den 50er bis 70er Jahren vor allem in den Produktionen des britischen Hammer-Studios auch an der Seite von Christopher Lee mitwirkte, verstarb bereits 1994. Für ROGUE ONE wurde er nun wiederbelebt und mit Hilfe moderner Tricktechnik sieht er aus wie in STAR WARS 1977. Wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass sein Gesicht von einem Computer generiert wurde. Und auch wenn dieser Effekt im Film recht überzeugend wirkt, so bleibt doch ein fader Beigeschmack aufgrund der digitalen Leichenfledderei.
Für die Regie verpflichtete man Gareth Edwards, der mit seinem Indie-Film MONSTERS auf sich aufmerksam machte und 2014 mit GODZILLA seinen Einstieg ins Blockbuster-Kino feiern konnte. Seine Vision von ROGUE ONE war ein düsterer Kriegsfilm, der bei den Chefs von Disney aber nicht so gut ankam. Deshalb wurden Nachdrehs angeordnet und Edwards hatte kein Mitspracherecht mehr in der Post-Produktion.
Das wirkte sich auch auf die Musik aus. Ursprünglich sollte Alexandre Desplat die Musik komponieren. Dieser arbeitete mit Edwards bereits bei GODZILLA zusammen. Desplat begann auch mit der Arbeit, aber nach der Entmachtung Edwards hatte wohl auch er einen schweren Stand. Offiziell hat Desplat das Projekt wegen Terminproblemen, die durch die Nachdrehs entstanden sind, verlassen. Für ihn sprang Michael Giacchino (LOST, STAR TREK) ein, der innerhalb von vier Wochen die Filmmusik schreiben musste. Der Sound von STAR WARS ist natürlich geprägt von der Musik von John Williams. Williams komponierte bisher zu allen Episoden die Musik und hat bereits mit der Arbeit an Episode VIII begonnen, der im Dezember 2017 in die Kinos kommen soll. Für die Spin-off-Filme war recht schnell klar, dass jeweils ein anderer Komponist zum Zuge kommen sollte.
Natürlich kann man den Sound dieser Filmreihe nicht ganz verlassen und so hangelt sich Giacchino am großen Vorbild John Williams entlang. Und das gelingt ihm sogar erstaunlich gut. Besonders in den Actionpassagen treibt seine Musik den Film nach vorne. Dafür hapert es leider an den thematischen Einfällen. Das Thema für Jyn ist recht unscheinbar und auch nicht sonderlich prägnant. Am stärksten ist mir noch der Marsch für Orson Krennic im Gedächtnis geblieben. Dennoch packte mich Giacchinos Musik im Film mehr als die von Williams in THE FORCE AWAKENS.
Ein Album mit der Musik ist bei Walt Disney Records erschienen.
Insgesamt hat mir ROGUE ONE gut gefallen, besser als THE FORCE AWAKENS, der mir einfach zu sehr auf der Nostalgiewelle schwamm. ROGUE ONE ist zwar auch nicht frei davon, aber mich hat der Film wesentlich mehr gepackt. Nach einer Woche steht der Film bereits bei einem weltweiten Einspielergebnis von fast 360 Millionen Dollar. Die Marke STAR WARS wird uns also noch lange erhalten bleiben, aber hoffentlich nicht nur als ständig wiederholte nostalgische Erinnerung. Dann hätte George Lucas doch Recht behalten.