Online-Streamingdienste entwickeln sich immer mehr zu Konkurrenten der großen Filmstudios. Nicht nur Netflix, auch Amazon hat eine eigene Produktionsfirma, die kinotaugliche Filme mit Starbesetzung produziert. Dabei werden diese Filme und Serien zunächst exklusiv für den jeweiligen Streamingdienst produziert, bevor eine Kinoauswertung stattfindet. Es geht aber auch anders herum. Netflix erwarb erst kürzlich die Rechte am dritten CLOVERFIELD-Film, THE CLOVERFIELD PARADOX, der nach mehreren verschobenen Startterminen nicht ins Kino kam, sondern direkt auf Netflix veröffentlicht wurde. Hollywood setzte aber mittlerweile ein Zeichen und schloß alle Streaming-Produktionen von einer Nominierung für die Oscars aus, wenn sie nicht im Kino liefen. Mit GRINGO bekommen wir nun die neueste Produktion der Amazon Studios, die sowohl in den USA, als auch bei uns, eine Kinoauswertung erfährt.
Der naive Harold Soyinka (David Oyelowo) arbeitet bei der Firma „Cannabax Technologies Inc.“, die die sogenannte „Weed Pill“ entwickelt hat, also medizinisches Marihuana in Pillenform. Harold hört Gerüchte, dass die Firma übernommen werden soll, aber sein Boss Richard Rusk (Joel Edgerton), der auch vorgibt, sein Freund zu sein, erklärt ihm, dass er sich keine Sorgen zu machen braucht. Zusammen mit seiner Geschäftspartnerin Elaine Markinson (Charlize Theron), mit der er eine Affäre hat und Harold reist Rusk in die Produktionsstätte nach Mexiko. Der Leiter der Fabrik macht Geschäfte mit dem hiesigen Kartell, dessen Boss, der „Schwarze Panther“, an die Formel für die Pille will. Als Harold erfährt, dass ihn seine Frau verlassen will, weil sie ihn schon länger mit einem anderen Mann betrügt und auch seine beiden Chefs ihn abservieren wollen, fasst er einen Plan. Er bleibt in Mexiko und inszeniert seine eigene Entführung. Dadurch hofft er an die Versicherungssumme von zwei Millionen Dollar zu kommen, die seine Firma zahlen muss im Falle, dass ihm in Mexiko etwas zustößt. Außerdem ist Harold der Einzige, der per Fingerabdruck an die Formel für die Pille kommen kann. Das bringt Rusk in Bedrängnis und er beauftragt seinen Bruder Mitch (Sharito Copley), einen ehemaligen Söldner, Harold wieder in die USA zu holen.
Gleichzeitig wird auch der „Schwarze Panther“ auf Harold aufmerksam, da Rusk die Pillenlieferung einstellen ließ und die Formel nun umso wichtiger geworden ist. Das setzt eine Kette an Missverständnissen und blutiger Ereignisse in Gang, in die dann auch noch ein junges Paar (Amanda Seyfried, Harry Treadaway) verwickelt wird, die ebenfalls mit der „Weed Pill“ zu tun haben.
Ein Clou, den man bei der Produktion angewandt hat, sind zwei verschiedene Kamerateams. Natasha Braier drehte alle Szenen, die in den USA spielen und Eduard Grau alle Szenen in Mexiko. Dadurch ergibt sich ein optischer und stilistischer Bruch, der natürlich so gewollt ist. Negativ könnte man hier nur ankreiden, dass dennoch das Klischee bedient wird, indem die Szenen in den USA einen eher blauen, kühlen Farbton haben, während die Szenen in Mexiko gelb-orange eingefärbt sind. Regie führte Nash Edgerton, der Bruder von Joel Edgerton, der sich in Hollywood eher einen Namen als Stuntman gemacht hat.
Für die Musik verpflichtete man Christophe Beck (PERCY JACKSON, ANT-MAN), der seine Musik ebenfalls stilistisch teilte. In den kühlen Büroräumen von „Cannabax“ herrschen eher minimalistische Klangcollagen vor, während die Ereignisse in Mexiko mit mexikanischen Rhythmen unterlegt sind. Die sind zwar recht groovig, bedienen aber ebenfalls das Klischee. Es ist eben Musik, die man genau so erwarten würde. Vielleicht auch deshalb gibt es bisher keine Veröffentlichung der Musik.
GRINGO kann man wohl am besten als schwarze Komödie bezeichnen. Trotz aller Spannung und Gewalt bleiben Handlung und Charaktere doch eher ironischer Natur. Da gibt es den Beatles-besessenen Kartell-Chef, den von einer in die andere Katastrophe stolpernden Harold, den schmierigen Rusk, seine machtgierige Geschäftspartnerin Elaine oder auch den Bruder Mitch, einen Killer mit Herz. Auch die Handlung mit all ihren Verwechslungen ist so neu nicht und schlägt hier und da einen Haken zuviel. Trotzdem spielt der gute Cast gut gelaunt auf. Besonders Charlize Theron, die den Film auch produzierte, hat sichtlich Spaß an der Rolle der sarkastischen Elaine, die für Macht und Geld alles tut. Das entschädigt für das eine oder andere Mal Kopfschütteln über die etwas verworrene Handlung oder zu sehr konstruierten Geschehnisse.
Der Film ist sicher kein Überflieger und hat auch an den US-Kinokassen keinen Eindruck hinterlassen. Auch die Kritiken sind eher durchwachsen, aber wenn man außer Acht lässt, dass man die Handlung so oder so ähnlich eigentlich schon mal gesehen hat und alles ein großer Spaß ist, kann man diesen auch als Zuschauer haben.