Bücher waren ihr Leben. Mary Ann Shaffer, geboren 1934 in Martinsburg, West Virginia, arbeitete ihr Leben lang in Bibliotheken, in Buchhandlungen und im Verlagswesen. Ihr großer Traum war es, einmal selbst ein Buch zu schreiben. Und zwar ein Buch, „das jemandem so gefiel, dass er es verlegen wollte“, wie sie selbst es ausdrückte. Sie plante eigentlich, eine Biografie über Kathleen Scott zu schreiben, die Frau des Polarforschers Robert Falcon Scott. Als sie zur Recherche nach Cambridge, England reiste, musste sie jedoch feststellen, dass die persönlichen Aufzeichnungen Scotts nicht mehr verwendbar waren. Frustriert von diesem Tiefschlag entschloss sich Mary Ann, einen Teil ihres geplanten England-Aufenthaltes auf der kleinen Insel Guernsey zu verbringen, die direkt der britischen Krone unterstellt ist und damit einen Sonderstatus genießt, geographisch aber näher am französischen Festland liegt, als am britischen. Doch bereits kurz nach ihrer Ankunft wurde der Flughafen dort wegen dichtem Nebel gesperrt. Also verbrachte sie die Zeit am Flughafen in der dortigen Bücherei und las Bücher über die Besetzung der Insel Guernsey durch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg. Doch es sollte noch 20 Jahre dauern, bevor Mary Ann Shaffer ein Buch schreiben würde.
Die Geschichte von DEINE JULIET beginnt 1941 auf der Insel Guernsey. Eine Gruppe von Insulanern, bestehend aus der rebellischen Elizabeth McKenna, dem Farmer Dawsey Adams, dem alten Eben Ramsey, der älteren Dame Amelia Maugery und der etwas verhuschten Isola Pribby, ist eines nachts auf dem Weg nach Hause. Da werden sie von einer deutschen Patrouille angehalten, die wissen will, warum sie die Ausgangssperre ignoriert haben. Elizabeth sieht ein Buch in der Manteltasche eines Soldaten und erfindet die Geschichte, dass die Gruppe ein Buchclub ist und sie gerade von ihrem wöchentlichen Treffen kommen. Der Soldat will wissen, wie der Buchclub heisst und die Gruppe erfindet den Namen The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society.
Fünf Jahre später, im Januar 1946, ist die Autorin Juliet Ashton auf einer kleinen Tour durch England, um ihr neues Buch vorzustellen. Über die Erlebnisse im gerade erst beendeten Krieg, in dem sie ihre Eltern verloren hat, ist sie noch nicht hinweg. Sie bandelt mit dem reichen Amerikaner Mark Reynolds an, der sie mit Blumen überhäuft. Als sie sich eines abends schick macht, um mit Mark auszugehen, fühlt sie sich schuldig, weil sie es für unangebracht hält, so kurz nach Ende des Krieges zu feiern. Eines Tages bekommt sie einen Brief von Dawsey Adams aus Guernsey. Darin schreibt er, dass sich eine Ausgabe von Essays of Elia von Charles Lamb in seinem Besitz befindet, in welchem Juliets Name als Eigentümerin steht. Er fragt nach einem Buchladen in England, in dem er weitere Bücher dieses Autors finden kann und erzählt Juliet von der Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society und wie diese während der deutschen Besatzung gegründet wurde.
Juliet ist so fasziniert von der Geschichte, dass sie sich auf den Weg nach Guernsey macht. Dort nimmt sie an einem Treffen der Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society teil und will mehr über die Gründung und die Mitglieder erfahren. Doch vor allem Amelia Maugery wirkt sehr verschlossen und will nicht darüber sprechen. Auch nicht darüber, was mit Elizabeth McKenna geschehen ist, die vor einigen Jahren verschwand. Juliet gibt sich damit aber nicht zufrieden und beginnt, Nachforschungen anzustellen, was in diesen letzten Jahren des Krieges wirklich auf der Insel geschehen ist.
Regisseur Mike Newell (VIER HOCHZEITEN UND EIN TODESFALL, DONNIE BRASCO) erzählt die Geschichte recht unaufgeregt und geradlinig. Man könnte auch sagen, etwas ideenlos. Malerische Bilder von der Küste Guernseys können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier bis vor kurzem noch Unterdrückung und Angst herrschten. Obwohl der Film auf große Handlungstwists und Action verzichtet, ist Juliets Suche nach der Wahrheit, die sich wie ein Puzzle langsam offenbart, spannend und interessant. Auch die einzelnen Charaktere sind vielschichtig und werden von ihren Darstellern auch überzeugend gespielt. Die meiste Zeit zumindest. Hin und wieder kippen Dialoge und Schauspiel ins melodramatische, wo es dann ein Lippenbeben und ein paar Tränen weniger auch getan hätten.
Am Ende kippt der Film dann leider in biedere Rosamunde-Pilcher-Gefilde, was für mich in der Geschichte wie ein Fremdkörper wirkte. Die Entdeckung der wahren Ereignisse auf der Insel ist nun nicht sonderlich überraschend, aber dennoch interessant genug und durch die vielschichten Charaktere getragen, sodass man als Zuschauer gern dabei bleibt. Aber als die Geschichte eigentlich schon zu Ende ist, kommt es noch zu einer völlig überzogenen Kitsch-Romanze zwischen Juliet und Dawsey Adams, die sich vorher bestenfalls angedeutet hat. Das verwässert die eigentlich interessante Geschichte leider etwas und zieht den Film dann auch auf gediegene Sonntagnachmittag-Unterhaltung runter.
Die Musik stammt von Alexandra Harwood, die bisher hauptsächlich britische Filme vertont hat. Ihre Musik ist gut platziert über den Film verteilt und tritt, bis auf das kitschige Ende, eigentlich nie richtig hervor. Dennoch untermalen ihre minimalistischen Kompositionen für Streicher und Piano die entsprechenden Szenen sehr gut, ohne sie zu sehr in eine bestimmte Richtung zu drängen.
Ihre Musik ist nur digital als Album erschienen.
Die Geschichte enthält natürlich Parallelen zu Mary Ann Shaffers eigenem Leben. Auch sie wollte als Autorin durchstarten, aber das von ihr favorisierte Projekt konnte sie nicht verwirklichen und fand soszusagen durch Zufall eine andere Geschichte, die aber Millionen von Menschen berühren sollte.
Erst 2006 stellte Mary Ann Shaffer das Buch The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society fertig. Sie fand einen Verlag, der das Buch gern veröffentlichen wollte, aber ihr neuer Verleger verlangte einige Änderungen an dem Buch. Da sich Mary Anns Gesundheitszustand zu diesem Zeitpunkt leider dramatisch verschlechterte, konnte sie die Änderungen nicht alle selbst umsetzen und beauftragte ihre Nichte Annie Barrows damit, die auch als Co-Autorin genannt wird. Das Buch erschien dann 2008 und wurde ein Bestseller. Mary Ann Shaffer erlebte diesen Erfolg leider nicht mehr, sie starb am 16. Februar 2008. Doch ihren Traum, einmal selbst ein Buch zu schreiben, welches ein Verlag veröffentlicht, konnte sie sich noch erfüllen.