James Bond has returned. Drei Jahre nach „Skyfall“ bildet nun „Spectre“ den (wahrscheinlichen) Abschluss der Craig-Bond-Ära. Mit seinem ersten Bond „Casino Royale“ wagten die Produzenten etwas, das es in der Bond-Geschichte bis dato noch nicht gegeben hatte. Nicht nur, dass der Film ohne das berühmte „Gunbarrel“-Logo begann, es war ebenfalls der Auftakt zu einer Geschichte, die sich nun über vier Filme zieht.
Was dem geneigten Betrachter bei „Spectre“ sofort auffällt, ist die epische Laufzeit von zweieinhalb Stunden. Der Trend, dass sich selbst Popcorn-Kino wie die „Avengers“-Filme mittlerweile der Drei-Stunden-Marke pro Film nähert, ist nicht neu. Die Frage ist natürlich, ob sich so ein Stoff über die gesamte Laufzeit trägt. Um die Frage gleich für den neuen Bond-Film zu beantworten: Es hätte dem Film nicht geschadet, wenn er 20 bis 30 Minuten kürzer wäre.
Der Film beginnt mit einer spektakulären Action-Sequenz in Mexiko, welche die Latte für den weiteren Film schon mal hoch hängt. Doch scheinbar hatten die Macher damit schon ihr Pulver verschossen, in puncto Action fallen die restlichen Szenen gegen die Eröffnungssequenz stark ab. Bond ist mal wieder alleine unterwegs, um dem Drahtzieher hinter der geheimnisvollen Organisation „Spectre“ auf die Schliche zu kommen. Zur gleichen Zeit versucht der neue „M“ (Ralph Fiennes) zu verhindern, dass das Doppel-Null-Programm eingestellt wird zugunsten des sogenannten „Nine-Eye-System“, welches eine ständige globale Überwachung möglich macht.
Es ist die Organisation „Spectre“, zu der alle Spuren seit „Casino Royale“ führen. Bonds Gegenspieler Le Chiffre, Greene und Da Silva gehörten alle dieser Organisation an, die von Franz Oberhauser geleitet wird. Oberhauser, gespielt von Christoph Waltz, steht in enger Verbindung zu James Bond, was Bond im Film auch relativ schnell entdeckt. Die Enthüllung, wer Oberhauser wirklich ist, dürfte für echte Bond-Fans nicht schwer zu erraten sein, zumal es im Film schon sehr früh einige Hinweise gibt (man beachte nur Oberhausers Kleidung). Soweit grob zur Geschichte.
Dafür, dass der Film praktisch das große Finale der in „Casino Royale“ gestarteten Geschichte sein soll, lässt er es relativ gemütlich angehen. Nach der actionreichen Eröffnungssequenz bremst sich der Film scheinbar selber immer wieder aus. Dazu gehören auch im Grunde völlig sinnlose Nebenhandlungen, die zur Haupthandlung nichts beitragen. Eine davon ist Monica Bellucci. Sie ist nun keine unbekannte Schauspielerin, gerade deshalb fragt man sich, warum sie ausgerechnet diese Rolle angenommen hat. Sie taucht relativ am Anfang des Filmes als trauernde Witwe auf, die nach einem Schäferstündchen mit Bond ihre Schuld getan hat und im weiteren Film mit keiner Silbe mehr erwähnt wird.
Wirkliche Überraschungen gibt es in „Spectre“ eigentlich auch nicht. Die Verbindung der Bösewichter ist schnell klar, Oberhauser schnell als der identifiziert, der er ist und auch der wahre Hintergrund hinter dem „Nine-Eye-System“ ist nun wahrlich keine Überraschung. Für einen „normalen“ Bond-Film wäre das ok, aber dafür, dass das hier ein (vorläufiges) Finale einer Reihe innerhalb der Bond-Reihe sein soll, ist es zu wenig. Wie schon in „Skyfall“ taucht der Bösewicht relativ selten im Film auf im Vergleich zur Gesamtlaufzeit. Dazu gibt es Querverweise auf die Bond-Geschichte, die aber eher bemüht als wirklich dramaturgisch sinnvoll wirken. Mit dem Wrestler Dave Bautista (als Mr. Hinx) bekommt Bond mal wieder einen gefährlichen Handlanger zu Gesicht, der durchaus ein neuer „Beißer“ werden könnte.
Daniel Craig spielt den Geheimagenten erneut sehr unterkühlt und fast schon gelangweilt. Das überträgt sich leider auch auf den Zuschauer, der sich zwischendrin doch mal eine Gesichtsregung von Bond wünschen würde. Christoph Waltz tritt in die Fußstapfen deutscher (genauer gesagt deutschsprachiger) Bond-Bösewichter wie Gert Fröbe und Curd Jürgens, macht seine Sache dabei doch sehr gut. Böse Zungen behaupten, dass Waltz im Grunde in jedem Film gleich spielt und ganz lässt sich das nicht von der Hand weisen. In „Spectre“ gibt es auch einige Szenen, in denen Waltz seine für ihn typischen Gesten und Ausdrucksformen anwendet. Da ist es fast schon so, als würde Oberhauser für kurze Momente zu Christoph Waltz und nicht umgekehrt. Das fällt hier umso mehr auf, da Waltz ansonsten seine Rolle als Oberhauser recht ernst nimmt und dadurch auch durchaus gefährlich und unberechenbar wirkt. Léa Seydoux spielt Bonds unfreiwillige Partnerin Madeleine Swann und ist mit ihrer eher spröden Art ein idealer Spiegel von Bonds Charakter.
Sam Mendes führte hier nach „Skyfall“ zum zweiten Mal Regie bei einem Bond-Film. Aber einen weiteren von ihm bräuchte ich jetzt nicht unbedingt. Es ist zwar schön, dass die Bond-Produzenten auf Leute im Regiestuhl setzen, die nicht unbedingt im Action-Genre zuhause sind, aber das kann auch nach hinten los gehen, siehe Marc Forster bei „Quantum of Solace“. Mendes, der eher bekannt ist für Filme wie „American Beauty“, gelingt es zwar, Spannung zu erzeugen, aber diese zerfastert leider auch oft in der gemächlichen Inszenierung. In puncto Action dürfte er zwar das Meiste der Second Unit überlassen haben, aber auch die orientiert sich am eher gemächlichen Stil des restlichen Filmes. Die Autoverfolgungsjagd zwischen Bond und Mr. Hinx beispielsweise wirkt eher träge und lustlos. Das hat man in anderen Bond-Filmen schon besser gesehen.
Mit Sam Mendes kehrte auch Komponist Thomas Newman zurück, der nach „Skyfall“ ebenfalls seinen zweiten Bond-Film machen durfte. Für Newman gilt im Grunde das Gleiche wie für Mendes, auch er ist alles andere als ein Action-erfahrener Komponist. Newmans Stil sind eher minimalistische Dramen-Scores. Während David Arnold sich bei seinen Bond-Filmen von „Tomorrow Never Dies“ bis einschliesslich „Quantum of Solace“ noch am typischen Bond-Sound orientierte, den einst John Barry so stark prägte mit seinen elf Einsätzen für die Reihe, entfernt sich Newman sehr stark davon. Das ist natürlich auch den Filmen geschuldet, die eine Art Neustart für Bond sein sollen. Aber daher fällt dieser Bruch eben stark auf. Schon in „Skyfall“ waren die Action-Sequenzen eher belanglos untermalt und auch in „Spectre“ hat sich das nicht geändert. Fast meint man, es läuft immer das gleiche Stück unter den Action-Passagen. Newmans Stärke, die Themen, kommt im neuen Film auch nur sporadisch durch, wie beim Liebesthema für Bond und Swann. Ansonsten sticht auch hier die Eröffnungssequenz heraus, die typische Bond-Musik hat, inklusive der Bläser und des Bond-Themas, während die restliche Musik eher aus minimalistischen Ambient-Landschaften besteht.
Der Titelsong „Writings on the Wall“ von Sam Smith wurde auch oft eher negativ betrachtet. Mich stört der hohe Gesang da nun weniger, viel mehr klingt mir der Song zu sehr nach Eurovision-Song-Contest-Schlager als nach Bond.
Dem Erfolg schadet das alles nicht. „Spectre“ hat bisher weltweit fast 690 Millionen Dollar eingespielt, auch wenn man sich beim Betrachten des Filmes fragt, wofür die Macher die angegebenen 245 (!) Millionen Dollar Budget ausgegeben haben. Mir persönlich gefällt „Casino Royale“ von den Craig-Bonds immer noch am besten. Auch „Skyfall“ fand ich nicht so toll wie allgemein propagiert. „Spectre“ reiht sich da für mich problemlos ein. Der Film ist nicht schlecht, aber zu lang und von der Geschichte und Inszenierung her einfach zu lahm und wenig überraschend. Mittlerweile ist das „Wir holen Bond aus der Routine und machen alles anders“ leider selbst zur Routine geworden. Dazu passt auch, dass im Kino vor dem Hauptfilm fast 40 Minuten Werbung lief und gefühlt ein Drittel davon nur für Produkte, die im neuen Bond-Film zum Einsatz kommen.
Wie hat euch der Film gefallen? Alles richtig gemacht oder doch eher nicht?