The Show Must Go On – THE GREATEST SHOWMAN

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Eine wahre Geschichte als Musical zu verarbeiten ist immer mit Problemen verbunden. Welche Aspekte arbeitet man heraus, welche lässt man eher weg? Besonders heikel wird es dann, wenn körperlich und/oder geistig benachteiligte Menschen mit im Spiel sind. Man erinnert sich an die vielen kritischen Stimmen, als Disney aus der Geschichte vom Glöckner von Notre Dame ein Zeichentrick-Musical machte. Die Geschichte basiert zwar auf einem Roman, aber Bedenken wurden dennoch geäussert. Darf man „Behinderte“ so vorführen und so vermarkten? Den Glöckner aus dem Disney-Film gab es sogar als knuddelige Plüschfigur. Ähnliches könnte man nun auch THE GREATEST SHOWMAN vorwerfen, doch der Reihe nach.

Der Film basiert auf der wahren Lebensgeschichte des Schaustellers P.T. Barnum, der zuerst mit einem Kuriositätenkabinett für Furore sorgte und später dann auch mit Menschen- und Tiershows. Sein Barnum’s American Museum wurde zu einer der größten Unterhaltungsshows des 19. Jahrhunderts. Die Geschichte beginnt mit Barnum als Kind, das aus ärmlichen Verhältnissen stammt und mit seinem Vater für die reiche Hallett-Familie arbeitet. Zwischen ihm und der kleinen Tochter der Hallets, Charity, entwickelt sich eine romantische Beziehung. Sie bleiben zusammen, bis beide erwachsen sind und Charity mit P.T. aus dem Elternhaus auszieht. Charitys Vater ist wenig erbaut davon, dass seine Tochter mit einem Mann zusammen ist, der ihr finanziell nichts bieten kann. Doch Barnum verspricht, Charity das Leben zu geben, das sie sich wünscht.

Die Jahre vergehen, Charity und Barnum haben mittlerweile zwei kleine Töchter, doch der erhoffte Wohlstand ist nicht eingetreten. Als Barnum auch noch seine Arbeit verliert, hat er eine Idee. Er ist davon überzeugt, dass die Menschen von außergewöhnlichen und exotischen Dingen angezogen werden, nimmt bei der Bank einen Kredit auf und eröffnet sein Kuriositätenkabinett mit Wachsfiguren und ausgestopften Tieren aus aller Welt. Doch der erhoffte Erfolg bleibt aus. Seine Töchter überzeugen ihn davon, dass er lebendige Attraktionen braucht und so stellt er eine Show aus „Freaks“ zusammen, in der es eine bärtige Lady, einen Zwerg, einen Riesen und auch den „schwersten Mann der Welt“ gibt. Das Konzept schlägt ein wie eine Bombe. Die Menschen strömen in seine Show, obwohl sie von der Kritik verrissen wird und sich auch immer mehr Unmut in Teilen der Bevölkerung breit macht, die die Zirkusfreaks nicht in der Stadt haben wollen.

Doch Barnum baut sein Geschäft noch weiter aus. Mit dem jungen Phillip Carlyle als Geschäftspartner gelingt es ihm, die gefeierte Operndiva Jenny Lind unter seine Fittiche zu nehmen und mit ihr eine Tournee zu veranstalten. Doch das scheinbar glückliche Leben der Barnums bekommt Risse, als P.T. sich mit Jenny Lind auf Tournee begibt und dafür seine Familie zurücklässt. Lind hegt dazu noch romantische Gefühle für Barnum und sein Geschäftspartner Carlyle verliebt sich in die Trapez-Künstlerin Anne, die aufgrund ihrer Hautfarbe immer wieder Anfeindungen ausgesetzt ist. Nach einer Vorstellung kommt es dann zu einem folgenschweren Streit zwischen der Barnum-Show und den Leuten, die die Freaks vertreiben wollen.

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Berichten zufolge kürzte das Studio den Film drastisch ein. Mit knapp 105 Minuten Laufzeit ist er dann auch gefühlt etwas kurz, um die Geschichte von Barnum und seinem Zirkus wirklich ausgiebig zu beleuchten. Dennoch funktioniert der Film als kurzweiliges Musical mit tollen Tanznummern und mitreissenden Songs. Aber mehr sollte man dann auch nicht erwarten. Die Botschaften des Films sind so positiv wie einfach, „Folge deinen Träumen, aber vergiss dabei nicht die Menschen, die du liebst“ und „Sei besser als das, was andere in dir sehen“. Das mag manchem etwas zu brav und bieder sein, doch der Film ist tatsächlich Familienunterhaltung und kein akkurates Drama über die wahre Geschichte von Barnum. So gerät auch der narrative Aspekt des Ganzen in den Hintergrund, vielleicht auch aufgrund der Kürzungen. Die Freaks werden so gut wie gar nicht weiter beleuchtet, sie sind einfach da und dienen eigentlich auch nur als Erfüllungsgehilfen. Ausnahme ist Anne und ihre Beziehung zu Carlyle. Ansonsten fokussiert sich der Film sehr auf Barnum, lässt aber auch ihn seine Charakterentwicklung zwischen zwei Songs durchleben. Der durchaus ambivalente Aspekt von Barnums Geschäft, das „Ausbeuten“ der Freaks für seine Show und seine Gier nach immer mehr Geld, wird hier nur angekratzt. Und daher ist die Frage durchaus erlaubt, warum der Film dann keine fiktive Geschichte erzählt, wenn es ihm sowieso nie um historische Korrektheit ging?

Hugh Jackman spielt den „professionellen Schwindler“ Barnum mit viel Charme und kann wieder einmal mit seinen Tanz- und Gesangskünsten punkten. Auch Zac Efron als Carlyle macht eine gute Figur, gibt es ihm doch auch mal die Möglichkeit, außerhalb von Prollkomödien zu zeigen, was er kann.

Die Songs sind durchaus gelungen, reissen den Zuschauer mit und leben auch von ihrem positiven Gefühl und ihrer kraftvollen Interpretation. Da kann man es auch verschmerzen, dass die Kompositionen recht pop-lastig sind und besonders bei Jenny Lind für Verwirrung sorgen, wenn eine Operndiva Celine-Dion-artige Songs zum Besten gibt. Ein Album mit den Songs ist dann auch digital und auf CD erschienen, im März folgt noch die Ausgabe auf Vinyl. Und das Album ist auch recht erfolgreich, konnte sich mittlerweile sogar in die deutschen Top-10-Charts vorarbeiten. Die Songs wurden geschrieben von Benj Pasek und Justin Paul, die bereits für „City of Stars“ aus dem Film LA-LA LAND den Golden Globe und den Oscar für den besten Song gewinnen konnten. Der Score stammt von John Debney und Joseph Trapanese, der auch als Co-Produzent des einen oder anderen Songs fungierte. Ihre Musik findet sich allerdings nicht auf dem Album, sie besteht im Film aber hauptsächlich auch nur aus Variationen der Song-Melodien.

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Nach einem enttäuschenden Startwochenende wurde THE GREATEST SHOWMAN bereits als Flop abgestempelt. Doch der Film hat nach und nach sein Publikum gefunden. Und so steht die 84-Millionen-Dollar-Produktion mittlerweile bei einem weltweiten Einspielergebnis von knapp 195 Millionen Dollar.

Wer bei THE GREATEST SHOWMAN eine Allegorie über das Anderssein erwartet, dürfte enttäuscht werden. Hier sollte man eher zu Filmen wie David Lynchs THE ELEPHANT MAN greifen. Wer aber knapp 100 Minuten gut unterhalten und mit einem positiven Gefühl aus dem Kino gehen will, dem sei THE GREATEST SHOWMAN ans Herz gelegt. Der Film punktet mit charismatischen Darstellern, einer einfachen, aber positiven Botschaft, tollem Set-Design und Songs, die man auch auf dem Heimweg noch im Ohr hat. Die Show muss immer weitergehen!

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