BLACK CHRISTMAS von 1974 gilt als einer der Vorreiter des Slasher-Films, welcher 1978 dann mit dem kommerziellen Erfolg von John Carpenters HALLOWEEN aus den Horrorfilmen der 80er Jahre nicht mehr wegzudenken war. Die Handlung ist simpel, aber geschickt inszeniert. In einem Studentinnenwohnheim geht kurz vor Weihnachten ein Killer um, der die Studentinnen, die über die Feiertage nicht nach Hause gefahren sind, ermordet. Der Film erhält seine unheimliche Atmosphäre durch das Spiel mit Licht und Schatten und durch die Tatsache, dass man den Killer nie komplett zu Gesicht bekommt. Auch das Motiv des Killers bleibt so dunkel wie die Schatten im Wohnheim.
2006 kam dann die erste Neuverfilmung von Glen Morgan (FINAL DESTINATION). Bereits diese behielt nur das Grundgerüst des Originals bei, veränderte die Handlung aber bereits drastisch. So hat der Killer hier einen Namen und eine Hintergrundgeschichte. Und auch die Morde sind wesentlich expliziter dargestellt. Hervorheben kann man, dass der Film sehr stark mit weihnachtlichen Farben spielt, was eine durchaus unheimliche Weihnachtsstimmung vermittelt.
Nun bekommen wir also die dritte Verfilmung von BLACK CHRISTMAS. Gefragt hat danach sicherlich niemand, aber das Projekt passt gut ins Geschäftsmodell von Produzent Jason Blum, der in den letzten Jahren große Erfolge mit günstig produzierten Horrorfilmen feiern konnte. Darunter sind einige wirklich gelungene Filme, wie GET OUT oder INSIDIOUS, aber auch viel B- und C-Ware, die durch ihr geringes Budget dennoch Gewinn machte. Wozu gehört also sein BLACK CHRISTMAS?
Auch in der dritten Verfilmung wurde die Handlung wieder etwas abgeändert. Der Rahmen ist aber gleich geblieben. Die Studentinnen des Hawthorne College bereiten sich auf die Weihnachtsferien vor. Darunter auch Riley, die immer noch traumatisiert ist, da sie vom Präsidenten der Studentenverbindung, Brian, vergewaltigt wurde. Doch außer ihren engsten Freundinnen glaubt ihr niemand und sie wird deshalb hauptsächlich von ihren männlichen Kommilitonen gemobbt. Rileys Freundin Kris, die für mehr Rechte von Frauen kämpft, hat mit einer Petition erreicht, dass die Büste des Gründers Caleb Hawthorne aus dem Hauptgebäude entfernt wird, da dieser in höchstem Maße frauenfeindlich war. Mit einer weiteren Petition will Kris erreichen, dass Rileys Professor Gelson nicht weiter unterrichten darf, da er sich weigert, Bücher, die von Frauen geschrieben wurden, in seinen Unterricht aufzunehmen.
Im Haus der Studentenverbindung wird Riley Zeugin eines seltsamen Rituals, mit der Neulinge in der Verbindung aufgenommen werden. Die Büste von Hawthorne spielt dabei eine große Rolle, da aus seinen Augen eine Art schwarzer Flüssigkeit fließt. Gleichzeitig lernt Riley den schüchternen Landon kennen, der ein Auge auf sie geworfen hat. Dann dauert es auch nicht mehr lange und die ersten Mädchen verschwinden.
„BLACK CHRISTMAS für die #metoo-Generation“ könnte man diesen Film nennen. Nur schade, dass er so öde und plump daherkommt. Das Zielpublikum sind ganz klar Teenager und Leute, die sonst kaum Horrorfilme schauen. Denn nur die dürften sich von den dusseligen Figuren, den vorhersehbaren Schockmomenten und den hanebüchenen Dialogen unterhalten fühlen. Dazu bedient sich der Film auch schamlos an Jump-Scares anderer Filme. Selbst einer der berühmtesten Jump-Scares der Filmgeschichte, aus THE EXORCIST III: LEGION, wird hier nicht verschont. Als erfahrener Horrorfan dürfte man sich aber dabei ertappen, vor jeder Attacke des Killers schon genau zu wissen, was gleich passieren wird. Und genau das passiert dann auch. Es ist fast schon erstaunlich, wie konventionell und oberflächlich hier die abgenudelsten Horrorklischees runtergeritten werden.
Achtung, Spoiler!
Dazu bringt der Film auch noch ein bescheuertes, übernatürliches Element in die Handlung. Durch die schwarze Flüssigkeit, die aus der Büste Hawthornes fliesst, werden die Studenten zu willenlosen Erfüllungsgehilfen von Hawthornes Ideen, der die Frauen wieder unterwerfen will, da nur der Mann dazu geschaffen wurde, zu herrschen. Hawthorne selbst taucht am Ende auch noch auf, als übernatürliches Wesen in einer schwarzen Kutte und schwarzer Maske. Doch das lassen die Frauen natürlich nicht auf sich sitzen. In einem Finale, welches man gut und gerne als wunderbaren Shlock bezeichnen könnte, wäre da nicht dieser Holzhammer-#metoo-Überbau, befreien die noch lebenden Studentinnen Riley aus den Klauen der bösen Männer, die sie bei ihrem Ritual opfern wollten. Bei dem Gemetzel unterliegen natürlich die Männer, die von den Frauen im Raum eingeschlossen werden und qualvoll verbrennen müssen. Doch das wird legitimiert, da die Frauen schliesslich die Guten sind und sich ja eigentlich nur gewehrt haben. Nur der schüchterne Landon, der Riley, aber auch den anderen Frauen, fast schon unterwürfig begegnet, überlebt als einziger Mann das Inferno.
Spoiler Ende!
Somit ist die Botschaft des Filmes auch recht zweifelhaft. Es wird ein aktuelles und auch wichtiges Thema genommen, die immer noch stattfindende Ungleichbehandlung der Frau, und dann dem Film aber derart grobschlächtig übergestülpt, dass es zu einer Farce verkommt. Die männlichen Charaktere sind entweder arrogante Schnösel, überhebliche Professoren oder eben unterwürfig und fast schon sklavisch den Frauen ergeben. Aber das ist ok, denn nur so überlebt Mann das Finale. Im Grunde sind die Frauen am Ende nicht besser als das, was sie bei den Männern anprangern. Es wird vom Film aber als großer Sieg und Rebellion der Frauen gegen das bestehende System verkauft. Das hätte ein interessantes Element in einem Slasher-Film werden können. Umso bedauerlicher, da eine Frau im Regiestuhl saß: Sophia Takal, die bisher im Independent-Bereich unterwegs war und hier auch als Co-Autorin fungierte. Vielleicht wollte sie aber auch das momentane In-Thema in Hollywood, „Frauen an die Macht“, überspitzt karikieren. Dann hätte aber auch der Rest stimmen müssen.
Auch der Score fügt sich nahtlos in den unspektakulären Film ein. Es gibt ein klangschönes Thema für Riley, ansonsten grummelt und brummelt die Musik vor sich hin, ohne im Film besondere Akzente zu setzen. Das Album ist digital erschienen.
Lässt man den Feminismus-Aspekt außer Acht, bleibt nur ein klischeehafter, flach inszenierter Horrorfilm übrig, der kaum Spannung verbreitet. Oder wie es meine Begleiterin ausgedrückt hat: „Das war der schlechteste Film, den ich seit langem gesehen habe“.