35 Jahre „Die Drei ???“ als Hörspiel – Ein spezialgelagerter Sonderfall

Quelle: Wikipedia

 

Darf ich Ihnen unsere Karte geben?“

Kaum zu glauben, aber die drei Detektive ermitteln schon seit 1979 als Hörspielserie in mysteriösen Fällen aller Art. Ihre Geschichte geht allerdings noch weiter zurück. 1964 erschien in den USA der erste Roman mit den Junior-Detektiven, 1968 erfolgte dann die erste Veröffentlichung in Deutschland. Der Autor, Robert Arthur, kannte Alfred Hitchcock persönlich sehr gut und so kam ihm die Idee, dessen Namen und Konterfei für die Serie zu verwenden. Hitchcock selbst hat allerdings nie für die Serie geschrieben. Die Serie spielt aber in den USA, genauer gesagt in der fiktiven Stadt „Rocky Beach“ in Kalifornien, die in der Serie knapp 15 Meilen von Los Angeles entfernt ist.

Besonders in Deutschland wurden die Bücher ein großer Erfolg und so kam es, dass das Hörspiel-Label EUROPA Ende der 1970er Jahre eine Hörspielreihe basierend auf den Romanen startete. Als Sprecher der drei Detektive wurden drei damals ebenfalls noch im Kindesalter befindliche frische Sprecher engagiert. Oliver Rohrbeck, mittlerweile auch bekannt als Stimme von Ben Stiller, spricht Justus Jonas, den ersten Detektiv. Jens Wawrczeck, unter anderem die Stimme von Spence in „King of Queens“, spricht Peter Shaw, den zweiten Detektiv. Und Andreas Fröhlich, deutsche Stimme von Edward Norton und John Cusack, ist Bob Andrews, der dritte Detektiv und verantwortlich für Recherchen und das Archiv. Tatsächlich sind die drei Sprecher mit der Serie groß geworden, sie sprechen die „Drei ???“ bis heute, obwohl die Figuren in der Serie seit damals nur um wenige Jahre älter geworden und immer noch Teenager sind.

„Ihr habt ein Gespenst gesehen? Aber das ist doch ausgeschlossen! Das ist doch nichts weiter als Aberglaube.“

Am 12. Oktober 1979 erschienen die ersten sechs Folgen der Hörspiele. Die Fälle haben oft einen scheinbar übernatürlichen Hintergrund. So geht es um Gespensterschlösser, grüne Geister, seltsame Wecker, flüsternde Mumien, unheimliche Drachen, Ameisenmenschen oder um schwarze Katzen. Im Verlaufe der Fälle kommen die drei Detektive dann zwar auf die wahren Hintergründe, aber es gibt die eine oder andere Folge, in der das scheinbar Unmögliche doch real ist, wie in der Folge „Das Bergmonster“.

Alfred Hitchcock, gesprochen von Peter Pasetti, ist in den ersten Folgen nicht nur als Erzähler tätig, sondern taucht in den Folgen auch immer wieder als handelnde Person auf, die den drei Detektiven auch schon mal Fälle anvertraut. Nach dem Tod Pasettis 1996 übernahm erst Matthias Fuchs den Part von Hitchcock als Erzähler, bevor Thomas Fritsch diese Rolle ausfüllte. Fritsch ist bis heute der Erzähler, der Name Hitchcock wird allerdings nicht mehr verwendet. Auch auf den Cover-Entwürfen der Serie taucht der Name Hitchcock nicht mehr auf, was auf das Lizenzrecht der Hitchcock-Erben zurückzuführen ist.

Geduld ist eine Tugend, die sich zu pflegen lohnt.“

Im Laufe der 1980er Jahre mauserten sich die „Drei ???“ zum erfolgreichsten Jugendhörspiel in Deutschland. Es war keine Seltenheit, dass einzelne Folgen mit Goldenen oder gar Platin-Schallplatten ausgezeichnet wurden. Kaum ein Kinderzimmer, in dem nicht die typischen, gelben Kassetten von EUROPA lagen. In den 1990ern gingen die Umsätze dann allerdings deutlich zurück. Die Jugend hatte andere Hobbys und Hörspiele waren einfach out. Die „Drei ???“ kamen aber auch durch diese schwere Zeit und seit Beginn der 2000er Jahre gehen die Verkaufszahlen wieder nach oben. Unter den Käufern sind auch viele ehemalige Kinder der 1980er, die die drei Detektive wieder neu für sich entdeckt haben.

Zwischenzeitlich gab es aber auch andere Hürden. So verschwand nicht nur Hitchcocks Konterfei von den Covern, auch die Rechte an den Figuren selbst standen kurzzeitig auf der Kippe, weshalb EUROPA vor einigen Jahren die Produktion der „Drei ???“ stoppte und eine andere Reihe mit dem Titel „Die Drei“ startete. Die Streitigkeiten mit dem Kosmos-Verlag, der die Romane verlegt, wurden aber beigelegt und seitdem erscheinen die „Drei ???“ wie gewohnt wieder.

Bis wir die entschlüsselt haben, sind wir längst alte Männer mit weißen Bärten.“

Für viele Fans der ersten Stunde war der Verlust der originalen Musik der größte Schlag. Carsten Bohn, Schlagzeuger der Krautrock-Band „Frumpy“, sowie seiner eigenen Band „Carsten Bohn’s Bandstand“, komponierte insgesamt über 70 Musikstücke für die EUROPA-Hörspielserien. Seine Musik kam nicht nur bei den „Drei ???“ zum Einsatz, sondern auch in Serien wie „TKKG“, „Flash Gordon“, „Fünf Freunde“ und „Die Funkfüchse“. In den Album-Credits erschien sein Name jedoch nie, weil EUROPA für ihn und die anderen Komponisten Sammel-Pseudonyme verwendete, wie beispielsweise den Namen „Bert Brac“. Das führte dazu, dass Bohn, trotz hoher Verkaufszahlen der Hörspiele, finanziell wenig davon hatte. Mitte der 1980er kam es deshalb zu einem Gerichtsprozess, der viele Jahre andauerte. Um sich aus der Affäre zu ziehen, entschloss EUROPA sich kurzerhand, die Musik Bohns nicht mehr zu verwenden und auch bei allen bisher erschienenen Hörspielen seine Musik gegen andere Musik auszutauschen. Deshalb gab es ab ca. 1986 keine EUROPA-Hörspiele mehr mit Carsten Bohns Musik. Sie war aber maßgeblich beteiligt an Stimmung und Atmosphäre der Geschichten und die Ersatz-Musik kam da für viele alte Fans natürlich nicht heran. Für die Original-Ausgaben aus den 1980ern mit Bohns Musik werden deshalb bei Ebay und Co. auch gerne mal sehr hohe Preise veranschlagt. Es gibt zu dem Thema auch ein schönes Buch, „Das Erbe der Kassettenkinder“.

„Wir müssen versuchen, unsere Ermittlungen mit der gebotenen rationalen Distanz fortzusetzen, ohne uns von seiner phantasmagorischen Tendenz blenden zu lassen!“

Dem Erfolg der Serie hat das aber nachhaltig nicht geschadet, im Gegenteil. Heute sind die „Drei ???“ so populär wie nie. Es gibt Live-Lesungen mit den Sprechern, bisher zwei Kinofilme, unzählige Merchandising-Artikel und Carsten Bohn tourte sogar vor einigen Jahren mit seiner Musik aus den Serien und spielte diese auf bisher drei CDs neu ein. Mit über 45 Millionen verkauften Tonträgern sind die „Drei ???“ die erfolgreichste Hörspielserie der Welt.

Meine erste Folge der „Drei ???“ war die Nummer 6, „Der sprechende Totenkopf“. Das muss so um 1983/84 rum gewesen sein. Es folgte meine absolute Lieblingsfolge „Das Gespensterschloß“. Gerade eben erschien Folge 177, „Der Geist des Goldgräbers“.

In den letzten Jahren gab es immer wieder Kritik an der Umsetzung der Hörspiele. Viele neuere Hörspiele haben die drei Detektive aus Rocky Beach mittlerweile hinter sich gelassen, was Produktion und oft auch die Geschichten an sich betrifft. Als Beispiel sei hier die Serie „Point Whitmark“ genannt, die von ihrer Grundgeschichte, in der ebenfalls drei Jugendliche übernatürlichen Rätseln nachgehen, ein Spiegelbild der „Drei ???“ ist. EUROPA produziert dagegen die „Drei ???“ heute im Grunde nicht anders, als Ende der 1970er. Auf der anderen Seite macht das aber auch den Charme der Serie aus und vielen Fans dürfte es sicherlich auch nicht gefallen, wenn die „Drei ???“ nun zu stark modernisiert würden. Der Erfolg gibt den Machern recht, denn an die Verkaufszahlen der „Drei ???“ kommt keine andere Jugendhörspielserie heran.

Von daher ist es immer wieder ein wohliges Gefühl, wenn man eine neue Folge auspackt und in den Player legt. Mögen Justus, Peter und Bob noch lange ermitteln und die Kinderzimmer dieser Welt, sowie die Herzen der Kind gebliebenen Erwachsenen, erobern.

 

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