Manche Dinge sieht man mit anderen Augen, wenn man die Zusammenhänge nicht kennt. In diesem Fall ist das so, dass ich bisher keinen einzigen Film der Bourne-Reihe gesehen habe, weil sie mich einfach nicht gereizt haben. Ich weiss aber ungefähr, worum es geht. Mit dieser Voraussetzung ging es nun ins Kino zum fünften Teil der Reihe, „Jason Bourne“.
Mehrere Jahre nach seinem Verschwinden taucht Jason Bourne wieder auf. Die Welt hat sich weiter gedreht. Staaten stecken in Schuldenkrisen, das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierungen ist durch Whistleblower wie Edward Snowden nachhaltig erschüttert. Dennoch arbeitet die CIA an einem neuem Programm namens „Ironhead“. Ziel des Programms ist es, Userprofile des sozialen Netzwerks „Deep Dream“ zu benutzen, um die Überwachung der USA durch die CIA zu verbessern. Nicky Parsons (Julia Stiles), die bereits in den ersten drei Bourne-Filmen zu sehen war, schafft es durch eine Hintertür, den Zentralcomputer der CIA zu hacken und Daten über „Ironhead“ herunterzuladen. Dabei kommt sie auch in den Besitz der Daten des Projektes „Treadstone“, zu welchem Jason Bourne einst gehörte. Sie enthalten Informationen über Bournes Vater und so beschliesst Parsons, Bourne diese Informationen zu geben. Als er einsieht, dass er doch noch nicht alles über seine Vergangenheit weiss, beschliesst Bourne, der Sache auf den Grund zu gehen.
„Tommy Lee Jones und Vincent Cassel sind ganz schön alt geworden“ war mein erster Gedanke, als ich beide auf der Leinwand sah. Während Jones den verschlagenen CIA-Direktor Robert Dewey gibt, verleiht Cassel seinem von Rache getriebenen Agenten Asset die nötige Wut und Unnachgiebigkeit.
Matt Damon dürfte seine Rolle mittlerweile im Schlaf beherrschen und meistert souverän den etwas unfreiwillig aus dem Exil zurückgekehrten Jason Bourne. Ein weiterer Neuzugang ist Alicia Vikander als Heather Lee, Chefin der CIA Cyber Ops Einheit. Ihre Figur schwankt zwischen der Befehlskette, die sie befolgen muss, eigenen Interessen und dem Ziel, Jason Bourne wieder für die CIA zu rekrutieren. Das unterkühlte Spiel von Vikander passt perfekt dazu, zumal sie ihre Maske nur mit Mühe aufrecht erhalten kann, als sie erkennt, was wirklich vor sich geht.
Die Action im Film ist wohl dosiert. Eigentlich ist „Jason Bourne“ weniger Actionfilm als Thriller. Wenn sich beide Seiten immer wieder versuchen auszuspielen, sorgt das durchaus für Spannung, die den Zuschauer bei der Stange hält. So baut sich der Film actionmäßig dann auch zum Showdown und einer Autoverfolgungsjagd durch Las Vegas auf, was dieser dann auch den richtigen Punch verleiht, da man nicht nur Actionszene an Actionszene gereiht hat. Regisseur Paul Greengrass, der neben den Bourne-Filmen auch „Captain Phillips“ mit Tom Hanks inszenierte, hat eine Vorliebe für „unruhige“ Szenen. Das beschränkt sich nicht nur auf Actionszenen. Die Kamera ist dabei ständig in Bewegung, allerdings recht ruckartig und immer wieder zwischen scharf und unscharf pendelnd. Dazu wird schnell geschnitten. Das erzeugt einerseits ein Gefühl von Hektik, nimmt dem Zuschauer aber oft auch die Möglichkeit zu überblicken, was gerade vor sich geht. Viele kritisierten das bereits bei den anderen Bourne-Filmen. Man kann natürlich argumentieren, dass der Verlust der Orientierung gewollt ist, da man sich wie die Hauptfigur fühlen soll, aber es ist ein schmaler Grat zwischen spannender Hektik und unübersichtlicher und damit abgeschwächter Actionmomente. Greengrass kippt manchmal in die zweite Variante, aber insgesamt hält sich die Wackelkamera im Rahmen und besonders beim Showdown wirkt die Kombination aus verwackelten und schnell geschnittenen Bildern, in Verbindung mit ruhigen Einstellungen, sehr gut.
Matt Damon wollte eigentlich keinen weiteren Bourne-Film mehr machen. Für ihn war die Geschichte nach „The Bourne Ultimatum“ beendet. Eine Geldquelle lässt man aber nicht so einfach sterben und so beschloss das Studio Universal, mit Jeremy Renner als Agent Cross eine Art Spin-off-Reihe ins Leben zu rufen. Das Ergebnis war „The Bourne Legacy“, der allerdings kommerziell nicht an die Damon-Filme heranreichen konnte (nur mit dem weltweiten Einspielergebnis konnte er sich vor „The Bourne Identity“ setzen, wurde aber auch dort mittlerweile vom aktuellen Film überholt). Und so kam es, dass Matt Damon doch wieder über seine Rolle nachdachte. Er fungierte als Produzent des neuen Filmes und pochte darauf, dass Regisseur Paul Greengrass wieder mit an Bord sein musste. Dennoch soll in zukünftigen Filmen auch Jeremy Renner seine Rolle als Agent Cross wieder aufnehmen.
Die Musik stammt von John Powell („How To Train Your Dragon“), der diese in Zusammenarbeit mit David Buckley schrieb. Mehr als funktionale Thriller-Musik ist aber nicht dabei herausgekommen. Die ständig sägenden Streicherläufe, die Spannung suggerieren sollen, verkommen fast schon zu einer Art Selbstparodie, da sie gefühlt ständig zu hören sind. Aber insgesamt fügt sich die Musik gut in den Film ein, ohne allerdings große Akzente zu setzen. Ein Album mit dem Score ist bei Backlot Music erschienen.
Wie „Jason Bourne“ nun in die Reihe der Bourne-Filme passt, mag ich nicht zu beurteilen. Für sich genommen ist es ein durchaus spannender Thriller, dem aber große Highlights fehlen. Einen Kinobesuch bereut man mit „Jason Bourne“ allerdings nicht.