Das „Cinematic Universe“ von DC Comics hat es bisher nicht leicht. Schon der Start mit MAN OF STEEL lief eher holprig. Die Kritiken waren eher verhalten und auch das Einspielergebnis von fast 670 Millionen Dollar weltweit relativiert sich im Verhältnis zum 225-Millionen-Dollar-Budget des Filmes. DC wollte sich ganz klar von Marvel abheben. Dem eher bunten und familienfreundlichen Treiben dort wollte DC eine düstere Welt mit gebrochenen Helden gegenüberstellen. Doch nicht nur im Ausbau des „Cinematic Universe“, auch kommerziell hat Marvel einige Nasenlängen Vorsprung und das wird sich auch mit JUSTICE LEAGUE nicht ändern.
Regisseur Zack Snyder hatte die DC-Welt bisher fest im Griff. Er tauchte nicht nur MAN OF STEEL in seine stilisierte, düstere Welt, sondern auch den zweiten Eintrag der Reihe, BATMAN V SUPERMAN: DAWN OF JUSTICE. Auch dieser Film spaltete Fans und Kritiker. Zu lang und zu aufgeblasen sei der Film mit seiner pseudo-epischen Dramatik, während der Kampf der beiden Superhelden nur wenige Minuten im Film dauert und auch nur deshalb beendet wird, weil die Mütter von Superman und Batman den gleichen Vornamen haben. Der Film war noch teurer als MAN OF STEEL, spielte aber auch etwas mehr ein.
Das nächste Kapitel wurde dann SUICIDE SQUAD, der mit Harley Quinn zumindest wohl die ikonischste Schurkin der letzten Jahre hervorgebracht hat. Aber auch hier machte sich große Enttäuschung breit. Was als düsterer Endzeitfilm konzipiert war, wurde wegen des Erfolgs der GUARDIANS OF THE GALAXY durch Nachdrehs und massive Änderungen im Schnitt auf lustig getrimmt, inklusive der mittlerweile obligatorischen alten Pop- und Rock-Songs, sodass auch SUICIDE SQUAD als Film wie ein Flickwerk ohne richtigen roten Faden wirkt.
Fast schon wie ein Versehen wirkt in dieser Reihe WONDER WOMAN. Der Film bietet inhaltlich zwar nur Handlung von der Stange, aber er präsentiert eine strahlende Heldin, die auch außerhalb ihrer Comic-Welt seit Jahrzehnten ein Vorbild für Mädchen und junge Frauen ist. Der Film ist nicht so düster wie die drei Filme davor, aber auch nicht mit zu flachen Witzchen versehen wie einige der Marvel-Vertreter. Gal Gadot kann glänzen in der Hauptrolle und auch der restliche Cast macht seine Sache gut. Dazu ist der Film recht unterhaltsam und wohl auch nicht von ungefähr der bisher erfolgreichste DC-Film der Reihe in den USA. Weltweit kam er beinahe an das Einspielergebnis von BATMAN V SUPERMAN heran.
Nun fährt DC also die JUSTICE LEAGUE auf, das Pendant zu Marvels THE AVENGERS, also eine Gruppe von Superhelden, die sich zusammengeschlossen haben. Noch vor zehn Jahren wäre dieser Film wohl DAS Ereignis des Kinojahres gewesen, doch nach der bisherigen DC-Bilanz blieb man erst mal skeptisch. Zack Snyder übernahm wieder die Regie und konnte die Dreharbeiten auch noch beenden, bevor er aus persönlichen Gründen (dem Tod seiner Tochter) das Projekt verließ. Überraschenderweise zog man Joss Whedon hinzu, um die Post-Produktion des Filmes zu überwachen. Whedon inszenierte bereits die beiden AVENGERS-Filme für Marvel und schien den Produzenten daher wohl geeignet als Ersatz. Doch er überwachte nicht nur die Post-Produktion, er schrieb auch neue Szenen für den Film und leitete als Regisseur einige Nachdrehs, die immerhin zwei Monate lang dauerten. Eine seiner Amtshandlungen war dann auch, den bisherigen Komponisten Junkie XL, der schon mit Hans Zimmer an der Musik zu BATMAN V SUPERMAN gearbeitet hatte, zu entlassen und dafür den Veteranen Danny Elfman zu holen. Elfman ist beileibe kein Neuling im Superhelden-Genre, komponierte er doch unter anderem die Musiken zu Tim Burtons BATMAN-Filmen, sowie zu den ersten beiden SPIDER-MAN-Filmen von Sam Raimi, als auch die Musik zum ersten HULK-Film von Ang Lee.
JUSTICE LEAGUE beginnt mit einer kurzen Erinnerung daran, dass Superman tot ist. Während WONDER WOMAN als Wächterin in der Stadt unterwegs ist, um Bösewichtern das Handwerk zu legen, verfolgt Batman die Spur der seltsamen, geflügelten Vampir-Wesen, der Paradämonen, die bereits in BATMAN V SUPERMAN auftauchten. Beiden ist klar, dass ein Angriff nicht nur bevorsteht, sondern bereits begonnen hat. Ohne Superman stehen die Chancen allerdings schlecht für die Kämpfer des Guten und so macht sich Bruce Wayne auf, die anderen auserwählten Mitglieder der Justice League zu suchen. Aquaman kann er zuerst nicht überzeugen, aber The Flash ist sofort dabei. Der dritte im Bunde, Cyborg, schliesst sich nach anfänglichem Zögern ebenfalls an.
Zur gleichen Zeit taucht auf Themyscira, der Insel der Amazonen, ein alter Feind auf. Steppenwolf ist mit seiner Armee aus Paradämonen gekommen, um den Amazonen eine der drei sogenannten Mutterboxen abzunehmen. Als Steppenwolf vor tausenden von Jahren durch eine Allianz aus Olympischen Göttern, Amazonen, Atlanten, Menschen und Green Lanterns besiegt wurde, verteilten die Sieger die drei Mutterboxen, die eine böse Macht entfesseln können. Eine Box blieb bei den Amazonen, eine Box bekamen die Menschen und eine Box die Atlanten. Nachdem Steppenwolf auch den Atlanten die Box abnehmen konnte, erkennt Aquaman die Gefahr, in der sie alle schweben und schliesst sich der Justice League an. Nach einigen wissenschaftlichen Tests ist Bruce Wayne davon überzeugt, dass sie mit der noch übrig gebliebenen Box Superman wieder zum Leben erwecken können. Doch das stößt auf Unverständnis, besonders bei Wonder Woman, da nicht klar ist, ob es funktioniert und was sie damit wirklich wiederbeleben. Doch die Zeit drängt, denn wenn Steppenwolf auch die dritte Box bekommt, ist das Ende der Welt nahe.
Wo soll man anfangen, um zu erklären, warum der Film nicht funktioniert? Was gleich zu Beginn schon auffällt: Der „Drama-Filter“, den Zack Snyder gerne über seine Bilder legt, um sie entsättigter und düsterer erscheinen zu lassen, fehlt hier völlig. Dadurch wirkt alles wesentlich heller und freundlicher als bei den Vorgängern. Das passt in diesem Fall allerdings nicht so richtig zur Geschichte um das nahende Ende der Welt. Der Film läuft „nur“ knapp zwei Stunden, was im Vergleich zu den jeweils fast drei Stunden der Vorgänger fast schon kurz wirkt. Aber gerade hier hätte eine längere Laufzeit nicht geschadet. Der Film hält sich nicht lange damit auf, um die Figuren einzuführen, sondern stürzt sie und den Zuschauer gleich mitten ins Geschehen. Es hilft womöglich, wenn man die Serie THE FLASH kennt, aber sein Charakter bleibt ebenso schal wie der der anderen Superhelden. Selbst Gal Gadot bleibt als Wonder Woman eher blass.
Durch die kurze Laufzeit wirkt der Film unglaublich gehetzt. Nichts wird groß erklärt, alles passiert einfach, Charaktere tauchen plötzlich mal hier und mal da auf, ohne weitere Erklärung, was dazu führt, dass der Film eigentlich keine wirkliche Dramaturgie hat. Es reiht sich eine Actionszene an die nächste Dialogszene, bevor wieder eine Actionszene folgt. Dazu haben Amy Adams als Lois Lane, Diane Lane als Martha Kent und J.K. Simmons als neuer Commissoner Gordon bessere Cameo-Auftritte. Besonders Simmons wirkt verschenkt mit seinem Fünf-Minuten-Auftritt, den man auch ganz hätte weglassen können, da er für den Verlauf der Handlung komplett irrelevant ist. Auch Martha Kent und Lois Lane sind eigentlich nur Stichwortgeber, müssen sich aber durch teils unglaublich einfältige Dialoge quälen. Das gleiche Schicksal erleidet auch Jeremy Irons, der als Alfred in BATMAN V SUPERMAN immerhin noch durch seine trocken-sarkastischen Bemerkungen punkten konnte, hier aber ebenfalls meist nur in der Kulisse steht oder sitzt, um einen flauen Monolog oder witzig gemeinten Spruch abzulassen.
Die neue Marvel-Freundlichkeit steht der JUSTICE LEAGUE leider gar nicht. Ob das nun bereits auf dem Mist von Zack Snyder gewachsen oder der Einfluss Joss Whedons ist, sei mal dahingestellt. Aber es funktioniert in keiner Sekunde im Film. Die Dialoge von Flash bestehen eigentlich nur aus flachen Witzchen und gewollt lustigen Sprüchen, die aber ohne Gespür für Timing oder Notwendigkeit irgendwann einfach nur nervig sind. Selbst Ben Affleck sieht sich genötigt, als Batman den einen oder anderen Spruch abzulassen, was er als Bruce Wayne einmal sogar mit einem gequälten Grinsen begleiten muss. Der Humor wirkt also gestellt und erzwungen, daher funktioniert er nicht. Der Bösewicht Steppenwolf ist ebenso langweilig. Nach der Hälfte des Filmes taucht er für eine gewisse Zeit auch gar nicht mehr auf, sodass man den Eindruck gewinnt, die Drehbuchautoren hätten ihn vergessen, bevor sie sich dann doch wieder an ihn erinnern.
Ein großer Kritikpunkt an MAN OF STEEL war, wie Superman beim Kampf gegen General Zod halb Metropolis in Schutt und Asche gelegt und damit tausende von Opfern in Kauf genommen hat. Scheinbar aus diesem Grund hat man den Showdown in JUSTICE LEAGUE in ein menschenleeres Kaff in Russland verlegt. Wie in Tschernobyl kam es auch hier vor vielen Jahren zu einer Atomkatastrophe, weshalb auch hier nur vereinzelt Menschen leben. Wie praktisch, dass Steppenwolf rücksichtsvoller als General Zod ist und das Ende der Welt von hier aus starten will. Der Kampf zwischen den Helden und der Armee der Paradämonen in dieser verlassenen Gegend soll dann zwar ein apokalyptisches Endzeitszenario darstellen, führt beim Zuschauer aber eher dazu, dass man die Helden auf einem anderen Planeten wähnt und man so kaum eine emotionale Bindung zu diesem als episch angepriesenen Kampf aufbauen kann. Und auch das ist ein Manko des Filmes: Alles kommt so unglaublich unspektakulär daher. Natürlich ist man durch die Flut an Comicfilmen in den letzten Jahren als Zuschauer einfach satt, dennoch nimmt man durch die fehlende Dramaturgie hier erst recht kaum Anteil an den Geschehnissen. Es wird einfach alles irgendwie auf die Leinwand geworfen, noch ein lustig gemeinter Spruch hinterher und weiter geht es. Zudem erinnert der Ablauf des Ganzen, Oberbösewicht will mächtige Artefakte, um die Welt zu erobern, die Superhelden wollen das verhindern, kommen sich dabei aber auch bei der Diskussion um den Nutzen dieser Artefakte in die Haare, frappierend an die Avengers, Stichwort „Infinity-Steine“. Also auch hier scheint sich DC an Marvel orientieren zu wollen.
Nur mit Batman kann man etwas Mitleid haben: Der Arme hat zwei neue Fahrzeuge gebaut, eine Art riesiger Krebs, der an Wänden hochklettern kann und ein Transportflugzeug, an welchem er in einer Szene gerade noch eine Schraube reindreht, was den Eindruck vermittelt, als hätte er alleine in jahrelanger Arbeit das Ding zusammengebaut. Der Krebs kommt dann beim ersten Zusammentreffen mit Steppenwolf in einem unterirdischen Tunnel zum Einsatz. Das Fahrzeug ist allerdings derartig langsam, dass gefühlt eine Stunde vergeht, bevor es die Helden weiter oben im Schacht erreicht. Und nach zwei Minuten Einsatz wird es auch schon zerstört. Sehr hilfreich also. Nicht anders ergeht es dem Transporter, mit dem die Justice League zu Steppenwolfs Hauptquartier nach Russland fliegt. Beim Anflug wird das Ding angegriffen und geht bei der Landung zu Bruch. All die Jahre umsonst geschraubt. Und am Ende muss dann auch noch das Batmobil nach fünf Minuten Einsatz dran glauben. Alles in allem also kein guter Tag für Batman. Aber zumindest hat man so zwei neue Merchandising-Artikel.
Ebenfalls weit hinter seinen Möglichkeiten bleibt Danny Elfmans Musik zurück. Dass seine Wahl als Komponist ungewöhnlich ist, erkennt man schon daran, dass Elfman ein Vertreter der orchestralen Filmmusik ist, während die neuen DC-Filme bisher eher auf den dröhnenden Sound von Hans Zimmer und seinen Leuten setzten. Eine Ausnahme bildet auch hier WONDER WOMAN, der zwar mit Rupert Gregson-Williams ebenfalls einen Komponisten aus Zimmers Gefilden hatte, welcher aber weitaus farbiger mit Elektronik und Orchester arbeitete. Dazu kommt noch, dass Elfman sein Batman-Thema und das berühmte Superman-Thema von John Williams mit in seinen Score einbaute. Auch das spaltete die Fans, da die alten DC-Filme aus den 70ern und 80ern/90ern für die neue Reihe gar keine Rolle spielen und der Sound bisher eben eher durch die wummernde Klangkulisse von Zimmer und Co. definiert wurde. Es gibt sogar eine Petition, die erreichen will, dass die Musik von Junkie XL zum Film veröffentlicht wird. Doch davon dürfte es nicht so viel geben, da Junkie XL nichts aufgenommen hat, bevor er entlassen wurde. Immerhin durfte er noch an Bord bleiben für die Bearbeitung des Beatles-Songs „Come Together“, der am Ende des Filmes zu hören ist.
Das Batman- und Superman-Thema taucht immer wieder andeutungsweise im Film auf. Wenn man aber nicht darauf achtet, dürfte es einem kaum auffallen. Auch das Wonder-Woman-Thema aus BATMAN V SUPERMAN taucht hier wieder auf, allerdings nur zu Beginn, später hört man auch das nicht mehr. Ebenso wie den größten Teil der Musik, der einfach nur im Lärm untergeht. Emotionale Highlights kann die Musik daher so gut wie keine setzen, was sehr schade ist, aber zum Rest des Spektakels passt. Elfmans Score wurde als Doppel-CD und als Download veröffentlicht.
Kommerziell dürfte der Film wohl der größte Flop im neuen DC-Universum werden. Nach zwei Wochen steht der Film in den USA bei knapp 198 Millionen Dollar. Das Budget dürfte nicht sonderlich niedriger als bei den Vorgängern gewesen sein. In der Branche geht man momentan von einem Verlust für Warner Bros. von knapp 80 Millionen Dollar aus. Das „Cinematic Universe“ von DC dümpelt also weiter vor sich hin und Marvel muss sich auch weiterhin keine Sorgen machen, ernsthaft davon bedroht zu werden. JUSTICE LEAGUE war eigentlich als Zweiteiler geplant, wobei der zweite Teil erst 2019 kommen soll. Ob das nun passiert und wie dieser dann aussehen wird, bleibt abzuwarten. Es ist einfach traurig mit anzusehen, wie die Reputation, die Gald Gadot mit BATMAN V SUPERMAN und vor allem WONDER WOMAN aufgebaut hat, in JUSTICE LEAGUE derartig zu Boden geht. Gleiches gilt für Ben Affleck, den ich trotz vieler Kritiken recht gut als Batman in BATMAN V SUPERMAN fand, der hier aber ebenso auf verlorenem Posten kämpft. Vielleicht sollte DC erst mal eine Pause einlegen und überlegen, was für Filme sie wirklich machen wollen und das dann auch durchziehen, ohne sofort wieder alles umzuwerfen, damit man auf einen gerade fahrenden Zug noch aufspringen kann.