Nicht Fisch, nicht Fleisch – THE MEG

Quelle: cosmopolitan.com

Es gibt Filme, von denen erwartet man nichts und wird überrascht. Und es gibt Filme, die bestimmte Erwartungen wecken, die dann enttäuscht werden. In letztere Kategorie fällt wohl THE MEG. „Was erwartest du auch von einem Film, in dem Jason Statham gegen einen Riesenhai kämpft?“ könnte hier die Frage lauten. Ehrliche Antwort: „Genau das.“.

Filme mit riesigen Tieren haben seit Jahren einen Lauf. Besonders die Produktionsfirma The Asylum ist Vorreiter, wenn es um gigantische Wesen geht, die alleine die Meere terrorisieren oder sogar gegeneinander kämpfen. MEGA SHARK VERSUS GIANT OCTOPUS, MEGA PIRANHA, MEGA SHARK VERSUS CROCOSAURUS und MEGA PYTHON VERSUS GATOROID sind nur einige Titel der schnell und günstig heruntergekurbelten Filme von The Asylum, die auch die SHARKNADO-Filme zu verantworten haben. Die Prämisse dieser Filme lässt natürlich keinen ernsthaften Film zu und so werden dort die Absurditäten mit viel Vergnügen aufs höchste überspitzt. Leider mangelt es dabei auch an handwerklichen Fähigkeiten, sprich Kamera, Schnitt, Effekte, Darsteller und Regie sind eher laienhaft, was das Vergnügen an diesen herrlich sinnlosen Filmen leider sehr trübt. Umso kurioser, dass ein Hollywood-Studio über 130 Millionen Dollar in die Hand nimmt, um genau so einen Film zu produzieren. Oder doch nicht?

Alles begann 1997 mit dem Roman Meg: A Novel of Deep Terror von Steve Alten. Die Disney-Tochterfirma Hollywood Pictures sicherte sich die Filmrechte daran, doch es wurde nichts aus dem Projekt und die Rechte fielen zurück an Steve Alten. 2005 sicherte sich dann New Line Cinema die Rechte und plante, mit Jan de Bont (SPEED, TWISTER) als Regisseur und Guilermo del Toro (PAN’S LABYRINTH, THE SHAPE OF WATER) als Produzent, den Film 2006 in die Kinos zu bringen. Doch das angestrebte Budget von 75 Millionen Dollar machte Schwierigkeiten und so wurde auch beim zweiten Versuch nichts daraus. Warner Brothers sicherte sich dann 2015 die Rechte am Film. Als Regisseur hatte man Eli Roth (CABIN FEVER, HOSTEL) auserkoren, doch aufgrund kreativer Differenzen (vermutlich schwebte Roth eine recht blutige Variante der Geschichte vor) verließ er das Projekt. 2016 dann kam Jon Turteltaub (NATIONAL TREASURE, INSTINCT) als Regisseur an Bord und noch im selben Jahr begannen die Dreharbeiten.

Quelle: cosmopolitan.com

Jonas Taylor (Jason Statham) ist ein Rettungstaucher. Bei einer Rettungsmission, als er Überlebende eines gesunkenen Atom-U-Boots retten muss, wird er Zeuge, wie etwas Großes das U-Boot rammt. Es gelingt ihm noch, die Überlebenden in das Rettungsschiff zu bringen, doch zwei seiner Männer muss er zurücklassen, da sie sonst alle sterben würden. Kurz nachdem das Rettungsschiff abgelegt hat, explodiert das U-Boot. Niemand will Taylor die Geschichte eines riesigen Meeresbewohners glauben, der die U-Boot-Katastrophe verursacht hat. Dr. Heller ist davon überzeugt, dass Taylor in der Situation einfach die Nerven verloren hat, was zwei seiner Leute das Leben gekostet hat.

Fünf Jahre später fliegt der Milliardär Jack Morris zur Unterwasser-Forschungsstation Mana One, die er selbst finanziert hat. Die Station befindet sich im Süd-Chinesischen Meer und erforscht den Marianengraben, der als tiefster Punkt des Ozeans gilt. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass der Meeresboden dort kein Boden ist, sondern eine Art Wall, eine sogenannte Thermokline. In einem kleinen U-Boot tauchen die Wissenschaftlerin Lori, zufällig die Ex-Frau von Jonas Taylor, und ihre Kollegen durch die Barriere und entdecken darunter eine bisher noch nie gesehene Unterwasserwelt. Plötzlich wird das Boot von einer riesigen Kreatur angegriffen und schwer beschädigt. Das schreit nach einer Rettungsmission, die natürlich nur Jonas Taylor durchführen kann. Er erreicht das beschädigte U-Boot, kann seine verletzte Ex-Frau und einen ihrer Kollegen retten, bevor das riesige Wesen das Forschungs-U-Boot komplett zerstört. Nun begegnet Taylor dem Wesen, welches ihm vor fünf Jahren schon über den Weg gelaufen ist: Ein Megalodon, ein 20 Meter langer Riesenhai. Während ein Teil des Teams Jagd auf den Megalodon machen will, um ihn zu töten, ist der andere Teil dafür, das prähistorische Wesen leben zu lassen, um es zu studieren. Doch die Zeit drängt, denn der Megalodon macht sich auf den Weg an die belebten Strände des Ferienortes Sanya Bay.

Quelle: bloody-disgusting.com

Das alles klingt wie der gelungene Auftakt zu einem unterhaltsamen Trash-Fest, bei dem man sich nicht wundern würde, wenn Jason Statham dem Riesenhai im Zweikampf einen rechten Haken verpasst. Denn so etwas in der Richtung war eigentlich meine Erwartung. Ein Film, der sich seiner B-Movie-Prämisse bewusst ist und humorvoll damit spielt. Ein Film, der unrealistische Action auf die Spitze treibt. Ein Film, der gut darin ist, schlecht zu sein. Doch stattdessen konzentriert sich der Film auf das menschliche Drama. Manchmal vergisst man als Zuschauer fast, dass es ja noch den Riesenhai gibt, der da draußen rumschwimmt. So ziemlich jede der Hauptfiguren bekommt eine tragische Geschichte. Taylor ist nach dem Tod der zwei Männer zum Alkoholiker geworden und hat sich nach Thailand zurückgezogen. Nur seine verletzte Ex-Frau bringt ihn dazu, wieder eine Rettungsmission durchzuführen. Dr. Minway Zhang, der Leiter der Forschungsstation, sieht seine alleinerziehende Tochter Suyin und seine Enkelin Meiying, die sich auf der Station befinden, der Gefahr durch den Megalodon ausgesetzt. Der Film verbringt viel Zeit mit den Figuren und ihren Beziehungen zueinander. Das hat DER WEISSE HAI auch gemacht, nur waren da die Charaktere wesentlich interessanter. So kommt das menschliche Drama in THE MEG im Grunde nie über generische Stereotypen hinaus. Die Figuren sind einfach zu langweilig und eindimensional, als dass man sich tatsächlich in ihre Geschichte hineinversetzen könnte. Dabei wirft der Film dem Zuschauer vieles entgegen, was später im Film gar keine Rolle mehr spielt. Wie das Alkoholproblem von Taylor beispielsweise. Es wird erwähnt, man sieht ihn in Thailand mit einer Bierflasche in der Hand in einer Bar am Strand sitzen, er wird zur Rettungsmission überredet und das wars. Sein Problem wird nie wieder erwähnt und spielt für den Rest des Filmes auch überhaupt keine Rolle. Und in der Szene in Thailand ist er noch nicht mal betrunken. Es fügt seiner Figur also nichts wesentliches hinzu, sondern wirkt nur wie eine To-do-Liste tragischer Charaktereigenschaften. Auf der Liste stehen dann eben auch „alleinerziehende Mutter“, „Kind in Gefahr“ und „besorgter Vater“.

Das wirklich tragische an Stathams Figur: Er ist genauso langweilig wie die anderen Figuren im Film. Es mag eine gelungene Abwechslung sein, dass er mal nicht den Action-Proll raushängen lässt und sein Spiel zurückhaltender angelegt hat. Aber erwarte ich das wirklich bei einem Film, in dem es eigentlich um einen Riesenhai geht? Gerade das bietet doch eine Vorlage für bescheuerte Action und coole One-Liner. Aber um fair zu bleiben: Wenn es mal Action gibt, dann sieht die schon gut aus. Nicht besonders originell und manchmal auch recht lahm, aber die klaustrophobischen Unterwasser-Szenen sind gut getrickst und sorgen durchaus für kurzweilige Unterhaltung. Leider gibt es zu wenige davon, sodass man sich irgendwann während der endlosen, generischen Dialog-Szenen doch wünscht, der Megalodon würde endlich angreifen. Und manche der Unterwasserkämpfe zwischen Mensch und Fisch haben durchaus das Feeling sinnloser Unterhaltung. Etwa wenn sich der Megalodon in einer Ankerkette verhakt und nur zwei Meter vor Statham gestoppt wird, bevor er ihn fressen kann, was ihn aber nicht davon abhält, immer wieder nach ihm zu schnappen. Solche Szenen passen aber nicht wirklich zum „realistischen“ Riesenhai-Film mit Drama-Anspruch, weshalb man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass der Film irgendwie beides sein will, überzogener Spaß mit menschlichem Drama, aber dadurch nichts davon ist. Der Trailer suggeriert mit seiner Machart sogar einen lustigen Hai-Actionfilm. Da wird bei vielen Kinobesuchern wohl Enttäuschung aufkommen.

Quelle: movieweb.com

Die Musik von Harry Gregson-Williams passt sich dem Film quasi an. Während anfangs sphärische, aber relativ nichtssagende Klangwelten die Unterwasserwelt begleiten, bleibt die stampfende Musik in den Actionszenen ebenfalls ohne größere Wirkung. Ich habe irgendwann sogar vergessen, dass da Musik in dem Film ist. Sie hat nicht mal eine großartig unterstützende Funktion im Film, da sie einfach langweilig und abgeschmackt daherkommt, wenn man sie unter den Sound Effekten überhaupt noch hört.

Ein Soundtrack-Album ist digital erschienen.

Quelle: amazon.de

Was bleibt also von THE MEG? Der Film versucht sich an einem Mittelweg zwischen spannender Unterhaltung und Drama. Beides eliminiert sich dadurch aber leider. Die Charaktere sind einfach nicht interessant genug, ihre Probleme klischeehaft und wenig originell. Die Gags sind platt, aber nicht gut platt. Selbst Statham hat keinen einzig guten One-Liner. Die Action sieht in weiten Teilen des Films gut aus. Da war Potential für mehr vorhanden. Besonders die Szene mit dem Hai-Käfig, den der Megalodon am Stück mit Inhalt fast verschluckt, fand ich sehr gelungen. Aber der Film bremst sich danach sofort wieder selbst aus, wenn es wieder um das Drama geht. Dabei wirken auch andere Aspekte wie einfach mit in den Topf geworfen, als wirklich durchdacht eingewoben. So ist eine der Wissenschaftlerinnen eine Umweltaktivistin, die mit ihrer Organisation einst japanische Walfänger in die Luft gejagt hat. Hat das eine Auswirkung auf die Handlung? Nein, aber es soll wohl zeigen, dass sich diese Charaktere um das Leben dieser Wesen kümmern. Als der Hai dann auf die Küste zuschwimmt und man all die badenden Menschen sieht, zeigt die subjektive Sicht des Hais unter Wasser einen vermüllten Meeresboden. Unser Umgang mit der Umwelt wird nun also auch kurz mal angeschnitten. Aber all das wirkt wie einfach mit hineingeworfen, weil es nicht wirklich mit dem Rest des Films verwoben wird. Selbst den Twist des Filmes, wenn man es so nennen will, hat man in DER WEISSE HAI 3-D bereits gesehen. Und der finale Kampf zwischen Statham und dem Hai wirkt dann doch wieder wie eine Szene aus SHARKNADO, nur, dass Statham keine Kettensäge dabei hat. Dennoch habe ich hier eigentlich erwartet, dass Statham den Meg mit einem chinesischen Kriegsschiff rammt, alles explodiert und Statham danach natürlich lebend aus dem Wasser auftaucht und sowas sagt wie „Heute gibt es Fischsuppe!“. Oder „Chinesisch bekommt dir wohl nicht!“.

Jon Turteltaub und Jason Statham haben sich in Interviews zum Filmstart darüber beklagt, dass sie eigentlich einen blutigeren Film im Kopf hatten, entsprechende Szenen gedreht wurden, aber das Studio in der Post-Produktion entschied, dass der Film eine PG-13-Freigabe bekommen soll. Das ist zwar schade, aber blutigere Szenen hätten dem Film auch nicht viel weiter geholfen. Auf einen Extended Cut wird man wohl auch für das Heimkino verzichten müssen, da die entsprechenden Szenen nicht bearbeitet wurden, also auch keine Effekte dafür vorhanden sind.

Noch mit am originellsten am Film sind die unterschiedlichen Filmplakate, die teilweise eben den Plakaten von DER WEISSE HAI nachempfunden sind.

Wer also einen anspruchslosen Spaß-Film sucht, ist mit THE MEG eher nicht so gut beraten. Aber wer sich auf einen neuen DER WEISSE HAI freut, dürfte ebenfalls enttäuscht werden. So sitzt THE MEG zwischen den Stühlen und kommt dabei leider von selbst nicht hoch. Nichtsdestotrotz hat der Film in den USA ein überraschend erfolgreiches Startwochenende hingelegt und fast 50 Millionen Dollar eingespielt. Weltweit kamen bisher sogar über 213 Millionen Dollar zusammen. Material für Fortsetzungen ist da, denn es gibt bisher sechs weitere MEG-Romane. Ob es wirklich dazu kommen wird und ob sich diese Filme dann für eine Richtung entscheiden, wird die Zeit zeigen. Für manche ist THE MEG dennoch der beste prähistorische Monsterfilm dieses Sommers, trotz oder gerade wegen JURASSIC WORLD: FALLEN KINGDOM. Aber von dessen Erfolg ist THE MEG dann doch noch weit entfernt.

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