„Ich habe da ein ganz mieses Gefühl“ – STAR WARS: THE FORCE AWAKENS

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Als George Lucas sein Film-Imperium für 4 Milliarden US-Dollar (von denen er jeden Penny für wohltätige Zwecke gespendet hat) 2012 an den Disney-Konzern verkaufte, war relativ schnell klar, dass es einen neuen Star-Wars-Film geben wird. Und damit nicht genug. Disney möchte natürlich etwas bekommen für sein Geld und so lief sogleich die Maschinerie an, das Franchise nicht nur fortzuführen, sondern auch weiträumig auszubauen.

Dazu gehören neben den „Hauptfilmen“, von denen „Star Wars: The Force Awakens“ nun der erste ist, auch eine ganze Reihe von Spin-off-Filmen, an denen bereits gearbeitet wird. So soll es einen Film über den Kopfgeldjäger Boba Fett geben, aber auch einen Han-Solo-Film, in dem die Anfänge der Figur als schlitzohrigem Schmuggler gezeigt werden. George Lucas selbst hat aber mit den neuen Filmen im Grunde gar nichts mehr zu tun. Er liess sogar verlauten, dass er sich aus allen Star-Wars-Projekten zurückgezogen hat, nachdem man keine seiner Ideen annehmen und lieber eigene Wege mit den neuen Filmen gehen wollte. Damit ist die von Lucas geplante Staffelübergabe seines Lebenswerkes an eine neue Generation wohl so gut wie abgeschlossen.

Schon im Vorfeld gab es natürlich mächtigen Hype um den neuen Film. Regisseur J.J. Abrams, der 2009 mit seinem Star-Trek-Reboot schon ins All startete, sammelte ein Team um sich, welches auch viele altgediente Star-Wars-Haudegen vor und hinter der Kamera einschloss. So holte er nicht nur Lawrence Kasdan ins Team, der bereits bei „The Empire Strikes Back“ und „Return Of The Jedi“ am Drehbuch mitgeschrieben hat, sondern auch vor der Kamera tummelten sich viele bekannte Namen. Neben den offensichtlichen, wie Harrison Ford, Mark Hamill und Carrie Fisher, schlüpften auch Peter Mayhew (Chewbacca), Anthony Daniels (C3-PO) und Kenny Baker (R2-D2) wieder in ihre Kostüme. Warwick Davies, der in „Return Of The Jedi“ den Ewok Wicket spielte, ist ebenfalls mit von der Partie, dieses Mal allerdings als eines der Aliens in der Bar. Darüber hinaus gibt es viele Cameos von Schauspielern im Film. So spielt Daniel Craig den Stormtrooper, der von Rey manipuliert wird, damit er sie freilässt. Komponist Michael Giacchino, der normalerweise für die Musik in Abrams‘ Filmen zuständig ist, ist ebenfalls als Stormtrooper zu sehen und zwar als derjenige, der den Piloten Poe zu Kylo Ren bringt. Simon Pegg ist ebenfalls nicht zu erkennen, er steckt unter der Maske des Schrotthändlers Unkar Plutt.

Der Hype wurde noch größer, als Ende 2014 der erste Teaser zum Film veröffentlicht wurde. Sofort waren die Internet-Foren voll von Spekulationen darüber, welche im Teaser gesehene Millisekunde einer Person oder eines Schiffes was bedeuten könnte. Auch die Tatsache, dass Abrams für den Film viele Requisiten bauen liess, darunter auch den Millennium Falcon, statt alles am Computer zu entwerfen, sorgte für helle Aufregung unter den Fans. Wenn ein Film so viel Aufsehen erregt, ist es natürlich schwer, Geheimnisse zu bewahren, aber das Team um Abrams schaffte es dennoch bis zum Schluss. So war bis zum Filmstart nicht klar, warum Luke Skywalker nicht auf dem Kinoplakat oder in den Trailern zu sehen ist (zumindest nicht sein Gesicht).
Die Ereignisse im Film finden viele Jahre nach „Return Of The Jedi“ statt. Das Imperium gibt es zwar nicht mehr, aber die versprengten Reste haben sich erneut zusammengefunden und die sogenannte „Erste Ordnung“ ins Leben gerufen. Der neue Imperator ist Snoke, der von „Gollum“ Andy Serkis dargestellt wird, mich aber von den Gesichtszügen eher an Bill Nighy erinnerte. Snokes rechte Hand ist Kylo Ren, ein Jedi, der der Dunklen Seite verfallen ist und einst von Luke Skywalker trainiert wurde. Kylo Ren eifert seinem Vorbild Darth Vader nach, was sich auch in einer ähnlich gestalteten Maske, obwohl er diese gar nicht benötigt, spiegelt. Als ein abtrünniger Stormtrooper, der später Finn genannt wird, auf dem Wüstenplaneten Jakku die junge Schrotthändlerin Rey trifft, beginnt eine Hatz nach den Plänen, die zu Luke Skywalker führen sollen.

Soweit grob zur Geschichte. J.J. Abrams weiss um das Erbe, welches diese Filmreihe mit sich bringt und um die Erwartungshaltung der Fans. Nach den noch von George Lucas selbst inszenierten Prequels Anfang der 2000er Jahre, die unter Fans immer noch für heftige Diskussionen sorgen, blieb Abrams eigentlich nur die Flucht nach vorne. Seine Vision war es, die Reihe wieder mehr in die Richtung der alten Filme zu lenken, gleichzeitig aber die Geschichte im modernem Gewand fortzuführen. Und das ist ihm sicherlich auch gelungen. Kurioserweise musste sich Abrams 2009 bei seinem Star-Trek-Reboot anhören, dass es mehr nach „Star Wars“ als nach „Star Trek“ aussieht. Und tatsächlich gab Abrams zu, der Weltraumsaga um die Jedi-Ritter näher zu stehen, als den Abenteuern um Captain Kirk. Dennoch wirkt sein Trek-Reboot im Vergleich wesentlich greller und mehr auf Action getrimmt als sein „Star Wars“.

Abrams ging den Weg der alten Filme teilweise ein bisschen zu eng. So tauchen viele Dinge im neuen „Star Wars“ aus den alten Filmen auf, die scheinbar nur da sind, um den Fans ein Lächeln auf’s Gesicht zu zaubern, aber nicht wirklich dramturgisch für die Handlung sinnvoll sind. Manchmal kommt es einem so vor, als arbeite Abrams eine Liste mit Dingen aus den alten Filmen ab, die unbedingt drin sein müssen. Dazu kommt, dass dem geneigten Zuschauer die Handlung seltsam bekannt vorkommt. Alles scheint aus den alten Filmen zusammengetragen worden zu sein, um daraus diesen neuen zu machen. Sei es der Wüstenplanet, die Familienverhältnisse der Figuren, der Eisplanet, die Enthüllungen um die Macht, die gigantische Kampfstation und so weiter. In den alten Filmen wurde bereits zweimal der Todesstern zerstört, in „The Phantom Menace“ fliegen im Showdown die Rebellen ebenfalls einen Angriff gegen ein großes Schiff und nun bekommt man mit dem „Starkiller“ noch mal eine Raumstation vorgesetzt, die zerstört werden muss, bevor sie den Planeten des Widerstandes vernichtet. All das kennt man eigentlich nun schon zur Genüge aus den alten Filmen, daher bleibt am Ende des Filmes ein schaler Beigeschmack. Ausserdem: Hatten nicht auch die Romulaner in Abrams‘ „Star Trek“ eine Waffe, mit der sie Planeten vernichten konnten?

Ebenfalls scheint es ein Trend zu sein, ikonische Dinge zu zerstören oder zumindest schlecht zu behandeln. Während bei „Star Trek“ im dritten Kinofilm damals die Zerstörung der originalen Enterprise tatsächlich noch etwas Besonderes war, scheint sie nun in jedem Film kurz vor der Zerstörung zu stehen. Der erste Trailer zum von Abrams nur noch produzierten neuen Trek-Film, der 2016 in die Kinos kommt, zeigt ebenfalls die vermeintliche Zerstörung der Enterprise. In „The Force Awakens“ nimmt diesen Platz der Millennium Falcon ein, der zwar nicht zerstört wird, aber doch so einiges über sich ergehen lassen muss. Und da wird dann auch nicht mit Übertreibungen gespart, wenn der Falcon beispielsweise durch einen Wald brettert und dabei die Bäume absäbelt, um danach wie ein Frisbee über eine Schneedecke zu schlittern.

Die Story ist also wirklich nicht sonderlich originell, dennoch gelingt Abrams ein sehr unterhaltsamer Film, der ein paar Überraschungen bereit hält. So glänzt beispielsweise die Britin Daisy Ridley in ihrer ersten Kinorolle als spröde, tapfere Rey und auch John Boyega macht als Finn eine sehr gute Figur. Die Chemie zwischen den beiden stimmt und beide leisten gute Arbeit in ihren Rollen. Adam Driver kommt als Bösewicht Kylo Ren etwas pubertär und kindisch daher, was wohl aber seiner Rolle geschuldet ist. Und auch Harrison Ford schien es sichtlich Spaß zu machen, den alten Schmuggler Han Solo wieder zum Leben zu erwecken. Zum Glück ersparte man dem Zuschauer, anders als im vierten „Indiana Jones“, ständige Bemerkungen über das Alter der Figur. Schade ist es, dass Carrie Fisher als Leia im Grunde nur eine Stichwortgeberin ist, während sich die Handlung hauptsächlich auf Rey, Finn, Han und Chewie konzentriert. Natürlich macht es auch Sinn, die neuen Figuren vorzustellen und einzuführen, aber Leias Auftritt unterstützt eben auch die Kritik, die dem Film zu viel Fan-Service vorwirft. Ebenfalls darf man aber nicht vergessen, dass der Film der Auftakt zu einer neuen Reihe ist und sich viele Dinge sicherlich erst in den weiteren Filmen ergeben werden.

Dennoch leidet der Film etwas darunter, dass es viele Charaktere gibt, darunter auch viele neue, deren Geschichte man nicht erlebt, sondern nur erzählt bekommt. Das machte es für mich zumindest etwas schwierig, mich wirklich in manche Figuren und deren Handlungen hineinzuversetzen. So ist das, was Kylo Ren am Schluss macht, zwar ein Schock, aber für mich wurde die Dramatik der Szene dadurch abgeschwächt, dass ich Kylo Ren vorher gar nicht kannte und er im Verlaufe des Filmes auch nicht gerade die Möglichkeit hat, sich als Figur zu entfalten. Wäre das am Ende des nächsten oder übernächsten Filmes passiert, nachdem seine Beweggründe auch besser beleuchtet wurden, hätte die Szene vermutlich bei mir einen viel stärkeren Eindruck gemacht.

Das Team aus alten Haudegen hinter der Kamera wurde ergänzt von John Williams. Der mittlerweile 83-jährige Komponist, der nicht nur Steven Spielbergs Haus- und Hofkomponist ist, sondern auch die Musik zu den anderen sechs Star-Wars-Filmen komponierte, kam auch hier wieder zum Zuge. Gleichzeitig ist die Musik zu „The Force Awakens“ der erste Star-Wars-Score, der nicht vom London Symphony Orchestra in England eingespielt wurde. Aufgrund seines Alters wollte Williams einfach die strapaziöse Reise nach London nicht mehr auf sich nehmen und so wurde die Musik in Los Angeles eingespielt. Neben den bekannten Themen, wie dem Thema für die Macht, Leias Thema oder auch dem „Imperial March“, tauchen einige neue Themen auf. Allen voran ist da das an Williams‘ Harry-Potter-Musik erinnernde Thema für Rey und der Marsch für den Widerstand. Die Themen weiss Williams wie immer gekonnt einzusetzen, allgemein fand ich die Musik im Film aber dennoch etwas blass. Zumindest ist davon, ausser den erwähnten Themen, nicht viel hängen geblieben, noch gab es übermäßig viele Szenen, in denen die Musik besondere Aufmerksamkeit erregte. Das empfand ich aber auch schon bei den Prequels so.

Die Filmmusik erschien auf CD im normalen Jewel Case, aber auch als limitierte Deluxe Edition im Digi-Pack.

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Seit knapp zwei Wochen ist der Film nun in den Kinos und er bricht einen Rekord nach dem anderen. Am Eröffnungstag spielte er in den USA über 190 Millionen Dollar ein, am kompletten Startwochenende fast 250 Millionen Dollar. Nach nur zehn Tagen hat der Film weltweit bereits die Eine-Milliarde-Dollar-Grenze durchbrochen, so schnell wie noch kein anderer Film zuvor. Bei diesem Tempo könnte er sogar dem bisherigen Spitzenreiter „Avatar“ gefährlich werden, der mit einem weltweiten Einspielergebnis von fast 2,8 Milliarden Dollar weit vorne auf dem ersten Platz steht.

Ich bin etwas zwiegespalten vom Film. Einerseits ist es toll, noch mal einen Star-Wars-Film zu sehen, in denen die Charaktere auftauchen, mit denen man bereits als Kind mitgefiebert hat. Andererseits ist da die ausgelutschte Handlung und die mangelnde Charakterzeichnung mancher neuer Figur, die hoffentlich in den weiteren Filmen vertieft wird. „Star Wars: The Force Awakens“ ist ein unterhaltsames Sci-Fi-Märchen mit einer tollen Daisy Ridley, dem es hier und da etwas an Drive fehlt. Aber es ist ein gelungener Auftakt zu mehr „Star Wars“.

Wie seht ihr das? War die Macht mit J.J. Abrams oder wurde er doch von der Dunklen Seite verführt?

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