Das Wort „Legende“ wird ja gern und auch inflationär benutzt. Doch es gibt manche Personen, auf die trifft das uneingeschränkt zu. Kaum eine andere Stimme hat Kinogänger in den letzten 50 Jahren so begleitet und ihnen so viele unvergessliche Momente beschert wie die von Thomas Danneberg.
Es gibt Künstler, deren Werk so eng mit dem eines anderen Künstlers verbunden ist, dass es fast unmöglich scheint, sich die Werke des einen ohne das Werk des anderen vorzustellen. In der Filmmusik gibt es dafür viele Beispiele, wie die Zusammenarbeit von Steven Spielberg und John Williams oder die von Tim Burton und Danny Elfman. In beiden Fällen sind die Künstler miteinander groß geworden und haben so das Werk des jeweils anderen für immer geprägt. Das trifft auch auf Angelo Badalamenti und David Lynch zu.
Bevor Vangelis, der mit vollem Namen Evangelos Odysseas Papathanassiou hieß, zu einem Pionier der elektronischen Musik wurde, experimentierte er bereits in den 60er Jahren bei seiner Band Aphrodite’s Child mit neuen Klängen. Sänger dieser Band war ein gewisser Demis Roussos, der wenige Jahre später als Solokünstler weltweite Erfolge feiern konnte. Auch in Deutschland hatte er mit Songs wie „Goodbye My Love Goodbye“ und „Schön wie Mona Lisa“ einige Hits am Start. Markenzeichen Roussos‘ war seine hohe Kopfstimme, die so gar nicht zu seinem Äußeren passen wollte und in der Kombination wohl auch so ungewöhnlich war.
Vangelis wandelte auf seinen Solopfaden ziemlich schnell auch in den Bereichen der Filmmusik. Bereits Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre schrieb er erste Filmscores. Seine Alben, die er außerhalb der Filmmusik machte, zeigten einen vielseitigen Künstler, der sich nicht auf eine Richtung festlegen wollte. Elektronische Musik war zwar mehr oder weniger immer auch mit dabei, aber der Multi-Instrumentalist Vangelis ließ immer auch Klänge und Instrumente aus aller Welt mit in seine Musik einfliessen.
Seinen Durchbruch in Filmmusik-Kreisen hatte er 1981 mit seiner Musik zu dem Sportdrama „Chariots of Fire“. Nicht nur bekam er dafür den Oscar, es war auch die erste komplett elektronische Musik, die mit dem Academy Award ausgezeichnet wurde, aber auch das Titelstück wurde in den Jahren danach auf vielen Sportveranstaltungen gespielt. 1982 kam dann seine ebenfalls bis heute populäre Musik zu „Blade Runner“. Hier ist sogar Demis Roussos in einem der Stücke zu hören, bei „Tales of the Future“.
Sein kommerziell erfolgreichster Score dürfte der zu „1492 – Conquest of Paradise“ von 1992 sein. Die Popularität erlangte die Musik allerdings erst zwei Jahre später, als Henry Maske 1994 das Titelstück als Einzugsmusik zu seinen Boxkämpfen auswählte.
In den letzten Jahren komponierte Vangelis nur noch vereinzelt Filmmusiken, wie die zu Oliver Stones „Alexander“. Er vertonte lieber Weltraummissionen, wie die des Rovers zum Mars.
Nun hat Vangelis mit 79 Jahren diese Welt verlassen, aber seine Musik wird auch weiterhin neue musikalische Kontinente entdeckten, wie damals die Segelschiffe von Kolumbus. Vielleicht sogar auch bis in die Ewigkeit.
Julee Cruise ist am 09. Juni im Alter von 65 Jahren gestorben. Laut einem Statement ihres Ehemanns hat sie ihr Leben eigenbestimmt beendet. Cruise litt seit mehreren Jahren an Lupus erythematodes, einer Autoimmunkrankheit, die Organe angreift und starke, rheumatische Schmerzen verursachen kann. 2018 machte Julee Cruise ihre Krankheit öffentlicht, sie hatte vor allem beim Gehen starke Schmerzen.
Ihre Stimme und ihr Gesicht sind untrennbar mit TWIN PEAKS verbunden. Doch die Zusammenarbeit mit David Lynch und Angelo Badalamenti begann schon einige Jahre zuvor. 1986 drehte Lynch BLUE VELVET. Der Film stellt die erste Zusammenarbeit von Lynch und Badalamenti dar. Für den Film wollte Lynch den Song „Song to the Siren“ von Tim Buckley verwenden. Doch rechtliche Probleme, beziehungsweise die Kosten für die Lizenz, verhinderten das (1996 verwendete Lynch den Song in LOST HIGHWAY). Also suchte er nach einer Alternative. So fragte er Badalamenti, ob er „jemanden kenne, der wie ein Engel singen kann“. So kam Julee Cruise ins Spiel. Sie sang den von Badalamenti komponierten und von Lynch getexteten Song „Mysteries of Love“.
Lynch, Badalamenti und Cruise verstanden sich so gut, dass sie an weiteren Songs arbeiteten, die in der gleichen Konstellation entstanden. Also Badalamenti Musik, Lynch Texte. Daraus entstand dann das Album „Floating into the Night“, welches 1989 veröffentlicht wurde. Zur gleichen Zeit begann Lynch bereits mit der Arbeit an TWIN PEAKS. Und Julee Cruise sollte ein integraler Teil der Serie werden. Nicht nur wurde die instrumentale Version des Songs „Falling“ zur Titelmelodie von TWIN PEAKS, auch andere Titel aus dem Album sang Julee Cruise als Nachtclubsängerin im Roadhouse, welches von den Charakteren der Serie immer gern besucht wurde. Zudem spiegelten die Songs in der Serie auch immer bestimmte Punkte in der Handlung wider. Am eindrucksvollsten ist das wohl bei dem Song „The World Spins“, bei dem in einer Parallelmontage Bob einen weiteren Mord begeht, während Agent Cooper im Roadhouse Julee Cruise bei diesem Song zuhört, die sich dann kurzzeitig in den „Riesen“ aus Coopers Träumen verwandelt, der ihm mitteilt „It’s happening again“.
Auch nach dem Ende von TWIN PEAKS arbeiteten Lynch, Badalamenti und Cruise zusammen. Sie trat in der von Lynch inszenierten „Industrial Symphony No. 1: The Dream of the Brokenhearted“ auf und ebenfalls im TWIN PEAKS Kinofilm von 1992. Dort sang sie im Roadhouse den Titel „Questions in a world of blue“. Dieser Song erschien sowohl auf dem Soundtrackalbum, als auch auf dem zweiten, von Lynch und Badalamenti geschriebenen, Album „The Voice of Love“, welches 1993 veröffentlicht wurde.
Das Titelstückt des Albums, „The Voice of Love“, ist als Instrumentalversion ebenfalls schon im Kinofilm zu hören. Es ist das letzte Stück des Filmes, nachdem Laura Palmer ermordet wurde und im „Wartezimmer“ mit Agent Cooper den Engel sieht.
Nach diesem Album kam es zu Streitereien zwischen Cruise und Lynch/Badalamenti. Julee wollte unbedingt selbst Songs schreiben und so trennten sich die Wege der drei. Mehrere Jahre herrschte Funkstille, bevor man sich dann doch wieder vertrug. Aber eine erneute Zusammenarbeit entstand daraus nicht. Nichtsdestotrotz war Julee Cruise natürlich ein Teil der dritten Staffel von TWIN PEAKS, die als TWIN PEAKS: THE RETURN 2017 veröffentlicht wurde. Lynch hatte das Konzept der Serie verändert, die Verknüpfungen mit unserer, realen Welt waren hier viel stärker vorhanden. Manchmal traten so die Darsteller aus ihren Rollen heraus und wurden zu den echten Personen. Zu den Veränderungen gehörte auch, dass fast jede Folge mit einem Auftritt einer Band im Roadhouse endete. Darunter befanden sich so illustere Namen wie die Chromatics oder die Nine Inch Nails. In der vorletzten Folge dann trat Julee Cruise wieder in Erscheinung, allerdings nicht mit einem neuen Song, sondern wieder mit „The World Spins“.
2002 veröffentlichte sie ihr Album „The Art of Being a Girl“. Mit Lynch und Badalamenti entstanden keine neuen Songs mehr.
Ihr sphärischer „Hauchgesang“ passte perfekt zu den musikalischen Welten von Lynch und Badalamenti und es hätten gerne noch weitere Songs entstehen können. Doch ihren Platz in der Film- und Musikgeschichte hat sie inne. Über der dritten Staffel von TWIN PEAKS liegt eine Wehmut und ein Gefühl des Abschieds. Einige der Darsteller lebten zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr, andere starben kurz nachdem sie ihre Rollen ein letztes Mal gespielt hatten. Nun gehört auch Julee Cruise in diese Reihe. Aber wie ein Engel hat sie ja schon vorher gesungen.
Das musikalische Schaffen Nick Caves durchlief im Laufe seiner Karriere einige Phasen. Aus den 70ern und dem Punk kommend gründete er Anfang der 80er die Bad Seeds, bei denen auch Blixa Bargeld von „Einstürzende Neubauten“ dafür sorgte, dass Caves mal singend, mal kreischend vorgetragenen, düsteren Geschichten den entsprechenden, entrückten Rahmen bekamen.
Ich habe es schon wieder getan. Ich habe einen Artikel geschrieben und er war NICHT für Klangbilder!
Für die neue Ausgabe der „Cinema Musica“ durfte ich wieder einen Text beitragen. Der Themenschwerpunkt der Ausgabe ist „90 Jahre Ennio Morricone“ und da durfte ein Text über Morricones Musik zu „John Carpenter’s The Thing“ nicht fehlen. Wer das Ergebnis bestaunen möchte, dem sei die neue „Cinema Musica“ ans Herz gelegt. Vielen Dank an die Redaktion, besonders Anne und Oliver, fürs Fragen.
„Der dreht einen Film in Kanada“ ist in Hollywood eine Bezeichnung für jemanden, der gestorben ist. Da wird also nicht gesagt „Sie oder er ist gestorben“, sondern „Sie oder er dreht in Kanada“.
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