Freude und Leid lagen im Leben Romy Schneiders nahe beieinander. Mit 15 Jahren beginnt sie bereits ihre Filmkarriere, damals noch an der Seite ihrer Mutter Magda Schneider, in Heimatfilmen wie WENN DER WEISSE FLIEDER WIEDER BLÜHT (1953). 1955 dann, mit 17 Jahren, spielt sie die Rolle, die zugleich Fluch und Segen im Leben Romy Schneiders war. Als Kaiserin Sissi erobert sie die Herzen des Kinopublikums und wird damit zugleich endgültig in den Strudel des Filmgeschäfts geworfen. Sie verkörperte Sissi dann in zwei weiteren Filmen.
Besonders ihr Stiefvater Hans Herbert Blatzheim, der das Management übernommen hatte, war daran interessiert, möglichst lukrative Angebote für Romy anzunehmen. Doch sie wollte keinen weiteren SISSI-Film mehr machen, wollte das Image der braven und unschuldigen Sissi ablegen und anspruchsvollere Rollen spielen. Dadurch entfernte sie sich immer weiter von ihrer Mutter und ihrem Stiefvater, was schließlich in ihrer „Flucht“ nach Frankreich gipfelte. Sie hatte während der Dreharbeiten zu CHRISTINE (1958) den damals noch unbekannten französischen Schauspieler Alain Delon kennengelernt und die beiden wurden auch außerhalb des Filmes ein Paar. Mit ihm ging Romy dann nach Frankreich, auch, weil sie sich dort anspruchsvollere Rollen erhoffte. Dass sie dem deutschen Film den Rücken gekehrt hatte, nahm man ihr lange übel. In den Medien wurde sie oft dafür kritisiert. Und auch die erste Zeit in Frankreich war nicht einfach. Sie bekam keine Rollenangebote, während Alain Delon zum Weltstar avancierte. Durch Delon lernte Romy den italienischen Regisseur Luchino Visconti kennen, der sie im Theaterstück SCHADE, DASS SIE EINE DIRNE IST besetzte, was für sie den Durchbruch in Frankreich bedeutete.
In den folgenden Jahren drehte sie einige Filme in Frankreich und reiste 1963 sogar nach Los Angeles, um dort ihren ersten US-Film, LEIH MIR DEINEN MANN, an der Seite von Jack Lemmon zu drehen. Zur gleichen Zeit ging die Beziehung mit Alain Delon in die Brüche und Romy unternahm einen Selbstmordversuch. In den 1970er Jahren avancierte sie dann zur „Grande Dame“ des französischen Films. Besonders in dramatischen Rollen konnte sie glänzen und wurde dafür auch mit Filmpreisen ausgezeichnet. In Deutschland wünschte man sich jedoch Sissi zurück. In diese Rolle schlüpfte Romy Schneider dann tatsächlich noch einmal und zwar im Film LUDWIG II. des Regisseurs Luchino Visconti, mit Helmut Berger in der Titelrolle. Doch diese Sissi war keine Märchenkaiserin mehr, Schneider und Visconti hatten die Rolle realistischer angelegt.
Zu Beginn der 1980er Jahre war Schneider durch viele Höhen und Tiefen gegangen. Beruflich lief es für sie zwar gut, aber ihre Beziehungen hielten nie lange, was zur Flucht in Tabletten und Alkohol führte. Zwischenzeitlich war Romy auch zweimal Mutter geworden. Sie bekam ihren Sohn David und ihre Tochter Sarah. Ihr Ex-Mann Harry Meyen beging 1979 Selbstmord, was ein weiterer Schicksalsschlag für Romy war.
Trotz vieler lukrativer Filmrollen stand Romy fast ohne Geld da. Ihr Stiefvater und Manager, der 1968 starb, hatte ihr gesamtes Vermögen veruntreut. Unglücklich darüber, dass sie ihre Kinder nicht sehen kann, besonders David, der lieber bei seinen Stiefeltern lebt, zieht sie sich 1981 in den französischen Kurort Quiberon zurück. Dort will sie ihr Leben neu ordnen und mehr für ihre Kinder da sein. Trotz der negativen Erfahrungen mit der deutschen Presse lässt sie sich zu einem Interview für den stern überreden. Als Unterstützung lässt sie ihre Jugendfreundin Hilde nach Quiberon ins Kurhotel kommen. Das Interview führt Michael Jürgs, den sie noch nicht kennt und die Fotos macht ihr enger Freund und Vertrauter Robert Lebeck, den sie „Lebo“ nennt (wie „le beau“, der Schöne).
3 TAGE IN QUIBERON zeigt in zarten Schwarz-Weiß-Bildern die Entstehung des mittlerweile legendären Interviews, das Romy Schneider als zerissene Persönlichkeit zwischen dem Filmstar und dem Privatmenschen zeigt. Als Hilde (Birgit Minichmayr) in Quiberon eintrifft, befindet sich Romy (Marie Bäumer) bereits in einer fragilen Verfassung. Einerseits will sie zwar ihren Körper entgiften, um voll und ganz für ihre Kinder da zu sein, andererseits kommt sie aber nicht ohne Tabletten aus, da sie unter Schlafstörungen leidet. Doch der Besuch ihrer Freundin Hilde weckt die Lebensgeister in Romy und beide verbringen einige schöne Stunden.
Der erste Teil des Interviews läuft noch einigermaßen geregelt ab. Jürgs (Robert Gwisdek) befragt sie über den Suizid ihres Ex-Mannes, die anhaltende Kritik des deutschen Publikums und ihr Leben allgemein. Am gleichen Abend gehen Romy, Hilde, Jürgs und Lebeck (Charly Hübner) in eine französische Kneipe. Es geht feucht-fröhlich zu und unter dem Einfluss des Alkohols erzählt Romy viele private Dinge. Am nächsten Tag lässt Jürgs zum zweiten Teil des Interviews Alkohol auf das Zimmer Schneiders bringen. Das führt zu Spannungen zwischen Romy und Hilde, die ihre Freundin beschützen will. Doch Romy will das Interview durchziehen. Während sich Hilde und Jürgs im Restaurant des Kurhotels gegenseitig die Meinung sagen, kommen sich Romy und Lebeck im Zimmer näher. Am nächsten Morgen begibt sich Romy an die Felsenküste, wo die heute sehr bekannten Bilder mit ihr entstehen.
„Ich werde weiterleben, und richtig gut!“ schreibt Romy auf die letzte Seite des Interviews, das Jürgs ihr zur Abnahme geschickt hat. Dieses Ziel sollte leider nicht von langer Dauer sein. Einige Monate später, im Mai 1982, starb Romy Schneider an Herzversagen. Der Tod ereilte Romy nur kurz nach der Premiere ihres letzten Films, DIE SPAZIERGÄNGERIN VON SANS-SOUCI. In der Öffentlichkeit wurde lange ein Selbstmord vermutet. Später wurde das Herzversagen als „Tod an gebrochenem Herzen“ verklärt. In den letzten Monaten ihres Lebens musste sie noch einen weiteren schweren Schicksalsschlag verkraften. Ihr Sohn David stirbt mit nur 14 Jahren bei einem Unfall. Er hatte versucht, über den Zaun am Haus der Eltern von Romys neuem Mann Daniel Biasini zu klettern. Dabei verlor er das Gleichgewicht und wurde von einer Metallspitze des Zauns aufgespießt.
Regisseurin und Autorin Emily Atef inszenierte 3 TAGE IN QUIBERON ohne große Gesten. In ruhigen Bildern wird der Zuschauer Zeuge des Seelenlebens von Romy Schneider. Hin- und hergerissen zwischen dem naiven Mädchen und der traurigen Frau durchlebt sie Momente der scheinbar völligen Freiheit, gleichzeitig aber auch der tiefen Trauer. Der frühe Ruhm verhinderte den Aufbau eines richtigen Selbstschutzes bei Romy, die viel preisgab, was hinterher oftmals wie ein Bumerang zu ihr zurück kam. Manchmal wirkt sie nur noch wie ein Schatten ihrer selbst, was bildlich einige Male durch weiße Seidenvorhänge zum Ausdruck kommt, hinter denen sie geisterhaft zu sehen ist. Auf ihrer Suche nach Liebe und Geborgenheit geriet sie immer wieder an Männer, die sie ausnutzten. Und sie ließ es auch geschehen, denn die Alternative, die Einsamkeit, erschien ihr viel schlimmer.
Marie Bäumer hat nicht nur optisch eine Ähnlichkeit mit Romy. In ihrem Spiel schlüpft sie komplett in die Rolle einer verzweifelten Frau, die mal himmelhochjauchzend und dann wieder zu Tode betrübt ist. Auch sie verzichtet auf große Gesten und geht so mit ihrem eindringlichen Spiel dem Zuschauer unter die Haut. Nicht nur vergißt man irgendwann, tatsächlich nicht Romy Schneider vor sich zu haben, man spürt fast selbst die inneren Qualen, die sie durchmachen musste.
Auch die Nebenrollen sind gut besetzt. Robert Gwisdek spielt Michael Jürgs zunächst als manipulativen und selbstgefälligen Journalisten, den am Ende aber doch das schlechte Gewissen packt, als er Romy die Abschrift des Interviews zur Korrektur zukommen lässt. Charly Hübner gibt den Fotografen Lebeck ebenfalls als zerissene Figur, der zwischen der Liebe und Loyalität zu Romy und seinem Beruf als Fotograf schwankt. Birgit Minichmayr ist als Hilde das Gegenstück zur emotionalen Romy. Sie behält immer die Fassung oder versucht es zumindest. Selbst die Spannungen zwischen ihr und Romy nehmen sie mehr mit, als sie zugeben möchte.
Neben Alkohol und Tabletten nimmt Romy Schneider im Film vor allem eines zu sich: Zigaretten. Kaum eine Minute im Film vergeht, ohne, dass sie raucht oder sich eine neue Zigarette anzündet. Eine gewisse Redundanz hat der Film dann, wenn zum wiederholten Male Romy nicht ans Telefon ihres Hotelzimmers geht und suggeriert wird, dass ihr etwas passiert ist. Davon abgesehen zeichnet der Film das Porträit einer gequälten Seele, die im Leben eigentlich nur Liebe und Zuneigung suchte.
Der Film wurde gleich zehnmal beim „Deutschen Fernsehpreis 2018“ nominiert und bekam sieben Auszeichnungen, darunter Marie Bäumer als „Beste Hauptdarstellerin“. Weitere Auszeichnungen gab es für die Kamera, die Filmmusik, die Regie, für Robert Gwisdek und Birgit Minichmayr, sowie als Bester Film. Doch Kritik gab es aus der Familie Romy Schneiders. Ihre Tochter Sarah Biasini sprach in Interviews davon, dass sie regelrecht geschockt davon sei, wie ihre Mutter im Film dargestellt wird. Weder war sie Alkoholikerin, wie der Film suggeriert, noch war der Aufenthalt in Quiberon eine Entziehungskur. Sie fuhr dort jedes Jahr hin wegen ihrer Thalassotherapie. Es sei wichtig, zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden, so ihre Tochter weiter, weshalb sie es als nötig erachtet, ihre Mutter zu verteidigen.
Die Filmmusik stammt von Christoph M. Kaiser und Julian Maas. Meist sind es nur kurze Stücke für Klavier und Streicher, die aber gut eingesetzt werden und eben nicht zu schwülstig sind, um den Film nicht im Kitsch ersticken zu lassen. Im Abspann hört man ein Stück, welches mich ein wenig an die Musiken des australischen Komponisten Barrington Pheloung (INSPECTOR MORSE, SHOPGIRL) erinnerte. Ein Soundtrack-Album mit dem Score ist digital erschienen.
Romy Schneider war eine faszinierende Persönlichkeit. Vom deutschen Publikum immer nur als Kaiserin Sissi gesehen, hat sie in ihrer Karriere bewiesen, was für eine vielseitige Schauspielerin sie war. Und nach diesem Film wünscht man ihr, dass ihr Leben glücklicher verlaufen wäre, als es letztendlich ist.
Der stern selbst hat das Original-Interview tief in seinen Archiven verschwinden lassen. Selbst zum Filmstart, da der Artikel nun wieder in aller Munde ist, sucht man vergebens danach. Kurioserweise hat der Spiegel den Artikel in einer Kolumne veröffentlicht und stellt sich ebenfalls die Frage, warum der stern diesen Artikel nicht wieder zugänglich macht.
Der Film lebt vom starken Spiel Marie Bäumers, die völlig in der Rolle aufgeht. Hier und da dreht sich der Film ein wenig im Kreis, wie etwa bei den erwähnten „Was ist mit Romy?“-Szenen. Die Szenen, die man hätte straffen können, sind aber in der Unterzahl und so bleibt ein eindrucksvolles Porträit eines Weltstars, das in einem fast schon nostalgischen Kammerspiel dem Zuschauer den Menschen hinter dem Filmstar Romy Schneider schonungslos offenbart.